Anerkennung der Marienerscheinungen komme voran

Kardinal Schönborn: Im Vatikan gilt Medjugorje bereits als Heiligtum

Veröffentlicht am 22.06.2021 um 11:48 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Seit 40 Jahren soll es in Medjugorje Marienerscheinungen geben. Doch offiziell anerkannt sind sie von der Kirche nicht – noch nicht. Laut Kardinal Christoph Schönborn gibt es im Vatikan die Überzeugung einer zumindest teilweisen Authentizität.

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Die Frage der Anerkennung der berichteten Marienerscheinungen in Medjugorje kommt nach Einschätzung des Wiener Kardinals Christoph Schönborn im Vatikan voran. "Soweit ich weiß, wird Medjugorje in Rom schon in der Liste der Heiligtümer geführt", sagte Schönborn im Interview der "Oase des Friedens", einer Zeitschrift der Medjugorje-Bewegung in Österreich. Schönborn hatte zum Jahreswechsel 2009/10 als erster hochrangiger Kirchenvertreter den in Bosnien-Herzegowina liegenden Wallfahrtsort besucht.

Aus dem Vatikan gibt es bislang kein abschließendes Urteil über die Ereignisse, wohl aber mehrere Prüfungen durch von den Päpsten eingesetzte Kommissionen. Die bislang letzte und ausführlichste unter der Leitung von Kardinal Camillo Ruini fand von 2010 bis 2014 statt; ihr Ergebnis wurde nicht veröffentlicht.

"Riecher der Menschen für die Gegenwart des Übernatürlichen"

Schönborn sagte, er habe den Ruini-Abschlussbericht selbst gelesen. Es werde darin zum Ausdruck gebracht, "dass die Kommission zur Überzeugung gelangt ist, die ersten Erscheinungstage als authentisch zu beurteilen, ohne sich dabei vorläufig über das Weitere auszusprechen", bestätigte er entsprechende Medienberichte der vergangenen Jahre.

Den großen Zustrom von Pilgern trotz noch ausstehender kirchlicher Anerkennung deutet Schönborn als "Riecher der Menschen für die Gegenwart des Übernatürlichen". Das in Medjugorje stark spürbare "Gespür der Gläubigen" (lat. sensus fidei) sei ein "sicheres Maß für den Weg der Kirche" und erinnere daran, dass der katholische Glaube zuerst ein Beziehungsgeschehen sei.

Der Marienwallfahrtsort Medjugorje in Bosnien.
Bild: ©marinv/Fotolia.com

Der Marienwallfahrtsort Medjugorje in Bosnien.

Er sei bei seinem Aufenthalt 2009 auf die beiden von Pilgern frequentierten Berge um Medjugorje gestiegen und habe mit den vier zu diesem Zeitpunkt anwesenden "Sehern" gesprochen, so der Kardinal. Ihm sei dabei besonders eine große "Normalität" aufgefallen, die er als ein starkes Zeichen gedeutet habe, "dass Medjugorje gesund ist". Sein Eindruck: "Da ist nichts Übertriebenes, kein Aufpeitschen der Gefühle oder Überborden des Emotionalen."

Den Vorbehalten gegenüber den von den Sehern übermittelten Botschaften, diese brächten "nichts Neues", hielt der Kardinal entgegen, er selbst wäre "beunruhigt", verhielte es sich anders. So wie Mütter ihren Kindern in kleinen Variationen immer dasselbe ansagten, verhalte es sich auch mit Medjugorje. Schönborn: "Das Entscheidende ist nicht, dass wir jedes Mal etwas Neues erwarten, sondern dass wir jedes Mal an das erinnert werden, was zum christlichen Leben gehört."

"Missionshotspot für Europa"

Der Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke (missio) in Österreich, Karl Wallner, bezeichnete Medjugorje als "Missionshotspot für Europa". In Zeiten eines "abgekühlten Glaubens" verhelfe das Pilgerziel mit seiner eigenen slawischen und marianischen Spiritualität dazu, wieder an das Wirken Gottes in der Welt zu glauben und sein Leben an ihm auszurichten, sagte der Zisterzienserpater der Presseagentur Kathpress.

Beim ersten Besuch 1988 sei er mit Skepsis angereist, da er dachte, dort "Wundersucht und Überdrehtheit" zu finden. Doch er habe erfahren, dass in Medjugorje nachhaltige Bekehrungen und totale Neuausrichtungen des Lebens auf Gott hin an der Tagesordnung stünden. Beeindruckt hätten ihn dort "nicht Erscheinungen und unerklärliche Phänomene, sondern vor allem die Intensität, mit der man die Sakramente feiert und das Normalkatholische wie die eucharistische Anbetung, Kreuzweg und Rosenkranz praktiziert". Alles sei dort auf das Gebet und die Begegnung mit Christus ausgerichtet.

Über Marienvisionen wird in Medjugorje seit dem 24. Juni 1981 berichtet, als Kinder des Ortes erklärten, sie hätten auf dem Podbrdo die Gottesmutter gesehen, seien zunächst jedoch weggelaufen. Als "Jahrestag" gilt der 25. Juni, als Maria erneut gesichtet wurde und mit den "Seherkindern", nun in leicht veränderter, von da an gleichbleibender Zusammensetzung auch gesprochen haben soll. Die von der Kirche bislang nicht anerkannten Erscheinungen dauern nach Angaben der inzwischen erwachsenen Seherinnen und Seher mit großer Häufigkeit an. Mit zahlreichen Veranstaltungen begeht Medjugorje in diesem Jahr den 40. Jahrestag des ersten Berichts über dortige Marienerscheinungen. (tmg/KNA)