Expertin: Kirchliche Jugendarbeit muss aus Kirchengemeinde herausgehen
Die Berliner Medienwissenschaftlerin Anna Grebe hat eine größere Offenheit der katholischen Jugendarbeit zur Kooperation mit nichtkirchlichen Trägern gefordert. Die Corona-Pandemie biete die Chance, verstärkt "aufsuchend und an neuen Orten tätig zu sein", sagte Grebe am Montag in einem Interview mit dem Bistum Münster. Kirchliche Jugendarbeit müsse ein "Experiment" wagen: "Rausgehen aus der Kirchengemeinde, an die Orte, wo Kinder und Jugendliche sind, und endlich wirklich für Beteiligung einstehen!" Als Beispiele nannte die Expertin für Jugendpartizipation etwa Schulen oder die kommunale Jugendarbeit. Die Medienwissenschaftlerin wurde im April als Einzelpersönlichkeit in das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gewählt.
Grebe forderte zudem, dass die Jugendarbeit politischer werden müsse. Die Vertretung der "Interessen von Kindern und Jugendlichen in allen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhängen" komme zu kurz. Das sei schon vor der Corona-Krise so gewesen, trete aktuell jedoch "noch deutlicher als zuvor" ins Bewusstsein. Die gesellschaftlichen Bedürfnisse von jungen Menschen stünden auf einem sehr wackligen Fundament; sie würden meist vor allem als Schüler gesehen, denen man Wissen beibringen müsse. "Dieses Bild von Jugend muss nachjustiert werden." Jugendliche bräuchten Freiräume, um sich auszuprobieren und selbstständig zu werden.
Insgesamt habe die Pandemie die gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten bei Kindern und Jugendlichen verstärkt, so Grebe. "Marginalisierte Kinder und Jugendliche haben definitiv größere Nachteile daraus gezogen als andere." Das ZdK-Mitglied spricht am Mittwoch bei einer Online-Veranstaltung des Bistums Münster in der Reihe "Wendepunkt Corona: ausgebremst. herausgefordert.". (rom)