"Glaubwürdigkeit unserer Kirche ist weltweit zerstört"

"Fragen eines Landpfarrers": Pfarrer kritisiert erneut die Kirche

Veröffentlicht am 31.07.2021 um 09:45 Uhr – Lesedauer: 

Grevenbroich ‐ Mit Kritik am Zustand der Kirche hat sich der Grevenbroicher Pfarrer Meik Schirpenbach in einem Offenen Brief erneut an die Öffentlichkeit gewandt. In dem Text äußerte er sich unter anderem zum Missbrauchsskandal und zu Reformen in der Kirche.

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Der Grevenbroicher Pfarrer Meik Schirpenbach hat sich erneut mit kritischen Anmerkungen über die katholische Kirche an die Öffentlichkeit gewandt. In dem 48 Punkte umfassenden Text unter der Überschrift "Fragen eines Landpfarrers" äußerte sich der Priester jetzt unter anderem zum Missbrauchsskandal, zu Kirchenaustritten und zu Reformen in der Kirche, unter anderem zur Frage nach mehr Rechten für Frauen. Der Missbrauch durch Geistliche habe "weltweit die moralische, aber auch die geistliche Glaubwürdigkeit unserer Kirche zerstört", so Schirpenbach. In seinem Text fragt er weiter mit Blick auf den Missbrauchsskandal und die Kirche: "Hat er sich nicht längst in ihre Strukturen und ihr Wesen hineingefressen?"

Der Pfarrer spricht sich zugleich für mehr Demut aus, "die es nicht mehr wagt, Menschen moralische Vorschriften zu machen, die auch in Kirchenleitung und Klerus nicht eingehalten werden können". Zu dem Vorwurf, eine gnadenlose Gesellschaft hacke auf der Kirche herum, erklärt er: "Passiert das nicht deshalb, weil wir selbst als gnadenlos wahrgenommen werden, etwa im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen?" Weiter schreibt der Pfarrer: "Manche fragen mich: 'Warum bleibst du dabei und unterstützt du ein System, das Missbrauch vertuscht hat, das Frauen diskriminiert und Menschen klein hält?' Ja, für diese Dinge schäme ich mich. Dennoch: Ich bin nicht Priester geworden aus Liebe zu einem System, sondern weil ich mich durch Jesus Christus gerufen und vom Evangelium angesteckt fühlte."

Erster Offener Brief im vergangenen November

Bei vielen drängenden Reformfragen gebe es noch keinen weltkirchlichen Konsens, betont Schirpenbach und plädiert zugleich dafür, Gegensätze auszuhalten. "Könnte das nicht bedeuten, dass es in der einen Kirche in verschiedenen Ländern oder Weltgegenden verschiedene Praktiken im Hinblick auf Reformthemen geben kann?" Der Priester hatte bereits im November mit einem Offenen Brief unter dem Titel "Sorgen eines Landpfarrers" überregional für Aufsehen gesorgt. Als einer der ersten Geistlichen im Erzbistum Köln kritisierte er darin öffentlich unter anderem die Vorgänge rund um die Missbrauchsaufarbeitung in Deutschlands mitgliederstärkster Diözese.

Seitdem hätten sich die Fragen weiter zugespitzt, so der Geistliche. In den Gemeinden herrsche der Eindruck, "dass sich in der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals kaum etwas tut". Schirpenbach berichtet von Trauer, Scham, Wut und Resignation. Kardinal Rainer Maria Woelki hatte im Oktober erklärt, ein erstes Aufarbeitungsgutachten nicht wie vorgesehen veröffentlichen zu lassen, da er es für nicht rechtssicher und mangelhaft halte. Einige Monate später wurde eine zweite Untersuchung vorgelegt. Wegen der entstandenen Debatte und Vertrauenskrise schickte Papst Franziskus im Juni zwei Gesandte nach Köln, um die Situation vor Ort zu überprüfen. Eine Entscheidung des Papstes über das weitere Vorgehen steht noch aus. (stz/KNA)