"Ich bin das Brot": Der Hunger nach Leben
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Impuls von Schwester Charis Doepgen
Der Hunger nach Brot ist groß, der Hunger nach Leben ist größer. Gott kennt unser Problem. Das Thema lässt ihn nicht los. Aber die Angebote Gottes sind nicht überall willkommen. Letzten Sonntag hatten die Jünger noch gebeten: "Herr, gib uns immer dieses Brot!" Heute löst dasselbe Angebot Jesu bei den Hörern Murren aus. Der innere Widerstand wird laut mit genau den Argumenten vorgebracht, die wir nur allzu gut kennen, wenn etwas mies gemacht werden soll.
Da wird erst einmal die Person angegriffen: "Wer ist das denn schon!" Die sozialen Rollen sind streng zugeteilt. Die Leute von Nazareth hatten früher schon auf den Zimmermanns-Sohn herabgeschaut (Mk 6,3). Jesus lässt sich aber nicht provozieren. Er bleibt auf seiner theologischen Linie. Das heißt im Johannesevangelium, dass er in seiner Argumentation immer den Vater ins Spiel bringt. Dieser ist seit dem Prolog im ersten Kapitel der eigentliche Akteur, an ihn sind Reden und Tun Jesu immer zurückgebunden. Zu Jesus kommen kann nur – zweimal ist die Rede davon –, wer sich der Anziehung des Vaters überlässt. Wo es um Glauben und das ewige Leben geht, kommt niemand an dem Gott vorbei, den Jesus als seinen Vater verkündet.
Es ist der Gott der Väter. Die Stichworte "Murren" und "in der Wüste das Manna" erinnern an Episoden aus der Geschichte Israels, in denen es zwischen Gott und dem Volk ähnlich knirschte, wie jetzt zwischen Jesus und seinen Zuhörern. Mit Jesus wird aber eine neue Seite aufgeschlagen in dieser Geschichte. Dabei geht es unübersehbar um Leben. Jesus bietet sich selbst an als der, der mit seiner Person das Leben nährt – wie Brot. Ihn genießen ist belebend. Wer an ihm Geschmack findet, findet Leben. Das hört sich flott an, aber was ist mit dem provokanten Wort "Fleisch"?
Wer in der vergangenen Woche die Werktagslesungen aus dem Buch Numeri verfolgt hat, erinnert sich, dass Israel in der Wüste mit dem Manna unzufrieden war und Fleisch verlangte. Gott tadelt das Murren, aber er gibt Fleisch. Zuerst das Brot, dann Fleisch – Gott nimmt sich der Bedürfnisse des Volkes an. Hier im Johannesevangelium geht Jesus einen Schritt weiter. Brot ist Fleisch – sein Fleisch ist Brot. Die Empörung der Zuhörer über diese Aussage lässt nicht auf sich warten. Verständlich! Aber wie können wir sie akzeptieren? Noch einmal kommt uns der Prolog zu Hilfe. Dort ist vom ewigen Wort Gottes die Rede, dem "Wort, das Fleisch geworden" (Joh 1,14) ist. Das Bild will nicht beschreiben, was Augen sehen können, aber verständlich machen: Dieses Wort ist lebendig, will wachsen, ist ein Gegenüber, mit dem Menschen kommunizieren können. Weihnachten bekommt dieses Wort ein Gesicht. Jesu Wort heute setzt diese Fleischwerdung voraus, die dem Wort und dem Brot die Lebendigkeit verleiht, mit der Gott uns sättigen will.
Evangelium nach Johannes (Joh 6,41-51)
In jener Zeit murrten die Juden gegen Jesus, weil er gesagt hatte: Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Und sie sagten: Ist das nicht Jesus, der Sohn Josefs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie kann er jetzt sagen: Ich bin vom Himmel herabgekommen?
Jesus sagte zu ihnen: Murrt nicht! Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag.
Bei den Propheten steht geschrieben: Und alle werden Schüler Gottes sein. Jeder, der auf den Vater hört und seine Lehre annimmt, wird zu mir kommen.
Niemand hat den Vater gesehen außer dem, der von Gott ist; nur er hat den Vater gesehen. Amen, amen, ich sage euch: Wer glaubt, hat das ewige Leben.
Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. So aber ist es mit dem Brot, das vom Himmel herabkommt: Wenn jemand davon isst, wird er nicht sterben.
Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.