Militärseelsorger: Bundeswehreinsatz in Afghanistan war nicht umsonst
Der Militärseelsorger Joachim Simon hat den jahrelangen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan trotz des aktuellen Vormarschs der islamistischen Taliban in dem Land verteidigt. "Der Einsatz war nicht umsonst, die gebrachten Opfer waren nicht vergeblich", sagte Simon am Dienstag auf Anfrage von katholisch.de. Die internationalen Truppen hätten der geschundenen Bevölkerung Afghanistans für eine längere Zeitspanne zumindest in manchen Regionen mehr Sicherheit und Lebensqualität verschafft. "Deutsche Soldatinnen und Soldaten haben sich im Dienst für Sicherheit und Freiheit engagiert und bewährt", so Simon. Dafür verdienten sie Respekt, die körperlich und seelisch Verwundeten staatliche Fürsorge, die Gefallenen ein ehrenvolles Gedenken und ihre Hinterbliebenen Solidarität.
Zugleich betonte Simon, der als Beauftragter des katholischen Militärbischofs beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr für die Militärseelsorge in den Einsatzländern verantwortlich ist und selbst mehrfach in Afghanistan war, dass der Vormarsch der Taliban leider schon lange absehbar gewesen sei. Gleichwohl bleibe die Hoffnung, dass sich die Taliban in den vergangenen Jahren in manchen gesellschaftlichen Fragen etwas bewegt hätten. "Es gibt Berichte von Hilfsorganisationen, dass man mit den Taliban auch verhandeln kann, wenn es um Schulbildung oder medizinische Versorgung geht, und sie das Verhandelte auch respektieren", so Simon. Insofern hoffe er, dass Afghanistan unter einer möglichen neuen Herrschaft der Taliban nicht noch einmal zum Rückzugsort für islamistische Terroristen werde.
Simon sieht Chance für Ende der Gewalt am Hindukusch
"Kein einziger Afghane war an den Terroranschlägen vom 11. September 2001 beteiligt und doch mussten Land und Leute so schrecklich unter den Folgen dieses Terrors leiden", betonte der Geistliche. Wenn die Taliban – etwa im Gegensatz zur Terrororganisation "Islamistischer Staat" – künftig keine internationalen Ambitionen entwickelten, sondern sich darauf konzentrierten, im eigenen Land aufzuräumen und die Kriminalität zu bekämpfen, dann sehe er trotz des Abzugs der internationalen Truppen eine Chance auf ein Ende der jahrzehntelangen Gewalt am Hindukusch.
In den vergangenen Wochen hatten die Taliban weite Teile Afghanistans unter ihre Kontrolle gebracht und damit international eine Debatte über den Erfolg oder Misserfolg des jahrelangen internationalen Militäreinsatzes in dem Land ausgelöst. In Deutschland sorgte am Wochenende vor allem die Machtübernahme der Taliban in der nordafghanischen Stadt Kundus für Bestürzung, weil die Bundeswehr dort lange Zeit einen großen Stützpunkt betrieben hatte. Die Bundeswehr hatte Ende Juni nach fast 20 Jahren die letzten Soldaten aus Afghanistan abgezogen. Die US-Streitkräfte sollen bis Ende August das Land verlassen. (stz)