Vatikan müsse sich nach Visitation nun zeitnah äußern

Kardinal Woelki: Habe im Winter über Rücktritt nachgedacht

Veröffentlicht am 18.08.2021 um 09:36 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Vatikan habe die "Angelegenheit" an sich gezogen und sei verpflichtet, sich nun zeitnah zu äußern, fordert Kardinal Woelki mit Blick auf die Situation im Erzbistum Köln. Auch erklärt er, warum er einen angedachten Rücktritt nicht angeboten hat.

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Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat nach eigenen Angaben im vergangenen Winter darüber nachgedacht, sein Amt aufzugeben. "Als damals ein neuer Missbrauchsfall bekannt wurde, habe ich mir spontan gesagt, dass ich jetzt eigentlich nur noch meinen Rücktritt anbieten kann, um als derjenige, der gegenwärtig die Verantwortung für das Erzbistum trägt, auch die institutionelle Verantwortung für das Vergehen und das Versagen in den früheren Jahren zu übernehmen", sagte Woelki dem Bonner Generalanzeiger (Mittwoch). "Aber ich nehme meine moralische Verantwortung eher wahr, indem ich mich der Aufarbeitung stelle und nicht meine Verantwortung an andere abgebe."

Die Entsendung der apostolischen Visitatoren im Juni sei ein "faires und gutes Vorgehen", meinte der Erzbischof. Nun wünsche er sich jedoch eine zeitnahe Stellungnahme aus Rom. "Der Vatikan hat von sich aus die Angelegenheit an sich gezogen und darum jetzt auch die Verpflichtung, sich mit Blick auf alle betroffenen Personen sachgerecht zu äußern. Es kann nicht sein, dass man sich monatelang Zeit lässt und die Menschen in Ungewissheit belässt", so der Kardinal.

Aus rechtlichen Gründen dürfe Öffentlichkeit nicht alle Zusammenhänge erfahren

Woelki, der am Mittwoch seinen 65. Geburtstag feiert, gibt an, dass er sich durch die öffentliche Diskussion über die Missbrauchsfälle "auf eine ganz andere Weise herausgefordert" fühle. Es sei schwierig, weil aus rechtlichen Gründen die Öffentlichkeit nicht alle Zusammenhänge erfahren dürfe.

Vor diesem Hintergrund verteidigt Woelki auch das Zurückhalten des Missbrauchsgutachtens der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) für das Erzbistum Köln. Die Verantwortlichen der Erzdiözese wären von "namhaften Juristen" darauf hingewiesen worden, dass die Veröffentlichung rechtswidrig gewesen wäre. Deswegen habe er entschieden, das Gutachten zurückzuhalten, obwohl es "einiges an Ärger und Vertrauensverlust erspart" hätte.

Generell hält der Erzbischof es für richtig, dass sich die Kirche selbst mit Missbrauchsfällen in ihren Reihen beschäftigt. "Man muss die Fähigkeit und auch die Bereitschaft haben, ein solches Versagen selbst aufzuarbeiten", sagte Woelki. Dem sei die Kirche auch bereits durch die Vorlage eines unabhängigen Gutachtens nachgekommen. "Jetzt werden wir die Aufarbeitung einer unabhängigen Kommission unter anderem aus Juristen, Psychologen und Medizinern anvertrauen und warten darauf, dass das Land die dazu notwendigen Schritte einleitet. Von uns aus hätte das vor Wochen geschehen können." (KNA)