Experte Zollner: Kinderschutz muss europaweit auf Agenda bleiben
Der Kinderschutzexperte Hans Zollner erhofft sich von der Internationalen Kinderschutzkonferenz in Warschau eine nachhaltige Auseinandersetzung mit dem Thema in Mittel- und Osteuropa. Ziel sei, "dass alle in der Kirche Verantwortlichen in diesen Ländern auch wissen, dass sie sich mit dem Thema auch weiterhin auseinandersetzen müssen", sagte der Jesuit im Interview mit "Vatican News" am Samstag.
Zollner ist Leiter des Institutes für Anthropologie – Interdisziplinäre Studien zu Menschenwürde und Sorge für schutzbedürftige Personen (IADC) an der Päpstlichen Gregoriana-Universität in Rom und Mitorganisator der katholischen Konferenz in Polen. Diese beginnt am Sonntag in Warschau.
Das dreitägige Treffen steht unter dem Motto "Unsere gemeinsame Sendung: Die Kinder Gottes schützen". Vertreter von Bischofskonferenzen und Kinderschutzexperten aus rund 20 Ländern Mittel- und Osteuropas haben ihre Teilnahme angekündigt.
Auf alle Regionen blicken
Die Konferenz finde nicht in Rom, sondern "im größten mitteleuropäischen katholischen Land" statt, da die Weltkirche auf alle Regionen blicke, betonte Zollner. "Alle Bischofskonferenzen haben mittlerweile die geforderten Leitlinien, aber wie die umgesetzt werden, das ist natürlich sehr unterschiedlich von Land zu Land", fügte er hinzu.
In Polen selbst sei vor allem seit dem Fall des früheren und wegen Missbrauchs entlassenen Nuntius und Erzbischof Jozef Wesolowski (1948-2015) "eine ziemliche Lawine am Laufen". Mittlerweile interessiere sich die größere Öffentlichkeit für das Thema und es seien Betroffenenverbände entstanden. Darüber hinaus werde viel gemacht, auch im Bereich Prävention. Und die Polnische Bischofskonferenz stelle sich diesem Thema in "einer durchaus anerkennenswerten Weise", so Zollner, auch wenn es Widerstände gab.
So seien in den vergangenen zehn Monaten zehn Bischöfe in Polen zurückgetreten. "Da ging es zum Teil um Anschuldigungen von Missbrauch, der von Bischöfen verübt wurde, aber eben auch um Vernachlässigung der Amtspflichten, Vertuschung", erklärte der Experte. Er wolle mit der Kinderschutzkommission darauf hinwirken, dass in all solchen Fällen auch die Öffentlichkeit über die Hintergründe informiert werde, damit nicht ein Generalverdacht bei Rücktritten entstehe.
Polens staatliche Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch hatte der Bischofskonferenz am Freitag eine gemeinsame Forschungsgruppe vorgeschlagen. Diese solle die Akten der Diözesen zu abgeschlossenen Fällen analysieren, die den sexuellen Missbrauch von Kindern unter 15 Jahren betreffen.
Hoffnung auf Signalwirkung
Angesprochen auf den von Kardinal Reinhard Marx angebotenen und vom Papst abgelehnten Rücktritt wegen des Missbrauchsskandals in der Kirche wiederholte Zollner seine Hoffnung auf weitere Signalwirkung. Er bedauere aber persönlich, dass die Antwort des Papstes so schnell kam. "Weil ich glaube, dass eine heilsame Verunsicherung da durchaus noch hätte wirken können, und dass die Gewissenserforschung von jenen, die in Verantwortung standen und stehen, natürlich auch dazu hätte führen können, dass noch mehr Leute Rechenschaft ablegen", so Zollner.
In einer Grußbotschaft zu dem Treffen hat Papst Franziskus einen "konkreten Reformweg" sowie "echte und verlässliche Veränderungen" beim Kinderschutz angemahnt. "Nur wenn sich die Kirche der Wahrheit über diese grausamen Verhaltensweisen stellt und demütig Opfer und Überlebende von Missbrauch um Vergebung bittet, wird sie einen Weg finden, um ein glaubwürdiger Ort der Aufnahme und des Schutzes für Bedürftige zu werden", sagte der 84-Jährige.
Dabei müsse das Wohl der Opfer im Mittelpunkt stehen und nicht die Sorge um den Ruf der Kirche, betonte das Kirchenoberhaupt. "Ich ermutige euch, auf den Ruf der Opfer zu hören und sich untereinander und mit der Gesellschaft an diesen wichtigen Diskussionen zu beteiligen." Diese Debatten beträfen nicht nur die Zukunft der Kirche in Mittel- und Osteuropa uns weltweit, sondern das Herz eines jeden Einzelnen. (cph/KNA)