Eine Übersicht über die Marientitel in der katholischen Kirche

Maria – Kaiserin, Prophetin und Mutter der Kirche

Veröffentlicht am 03.10.2021 um 13:15 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Mit dem Oktober hat auch der Rosenkranzmonat begonnen, in dem die Marienverehrung eine große Rolle spielt. Zu diesem Anlass gibt katholisch.de eine Übersicht über die verschiedenen Marientitel, die in der katholischen Kirche traditionell für die Gottesmutter verwendet werden.

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Herberge und Wirtin Gottes

Der durchaus außergewöhnliche Titel Marines "Herberge und Wirtin Gottes" geht auf Martin Luther zurück. In seiner Übersetzung des Magnificat gibt er den Begriff "humilitas" mit "Nichtigkeit" wieder. Als Magd des Herrn sei sich Maria ganz und gar ihrer demütigen Haltung bewusst gewesen; alles, was sie von Gott empfangen hat, war Geschenk und Gabe. So schreibt der Reformator: "So ganz und gar hat sie sich von alle dem nichts angemaßt und Gott seine Güte frei, ledig und eigen gelassen, ist nicht mehr denn eine fröhliche Herberge und willige Wirtin solchs Gasts gewesen." Alles, was Maria getan hat, ist Werk jenes Gottes gewesen, der in ihr Wohnung genommen hat. Für Luther gilt das nicht nur für Maria, sondern für jeden Menschen, durch den Gott in dieser Welt wirken will: "Da denke dran, dass Gott mit dir auch wirke und dass du deine Seligkeit nur auf die Werke, die Gott in dir allein wirkt, und auf keine anderen stellest, wie du hie siehest die Jungfrau Marien tun." Alles, was wir Menschen tun und vollbringen, ist Geschenk und Gnade Gottes, der die Menschen in ihrer Nichtigkeit erwählt und erhebt. An Maria ist das in einzigartiger Weise geschehen. Doch Luther verweigert sich zugleich einer Verehrung Mariens: "Sie will nicht, dass du zu ihr kommest, sondern durch sie zu Gott."

Kaiserin

Schon früh wurde bei den Kirchenväter der Gedanke formuliert, dass Maria die Königin des Himmels sei. Der aus der Provence stammende Benediktinerabt Ambrosius Autpertus schreibt im 8. Jahrhundert: "Dir wird der Königsthron von den Engeln in der Aula des ewigen Königs bereitgestellt, dich gesellt der König der Könige selbst als die wahre Mutter und die geschmückte Braut mit Umarmung voll Liebe vor allen anderen sich bei." Auch Anselm von Canterbury betont in seinen Schriften, dass nicht nur Christus größer als die Engel sei, sondern auch Maria, weil sie Christus geboren hat. Sein Schüler Eadmer drückt das in überschwänglichen Worten so aus: "Gott hat dich zu seiner einzigen Mutter und so gleichzeitig auch zur Herrin und Kaiserin aller Dinge gemacht. Darum bist du die Herrin und Kaiserin des Himmels und der Erde, des Meeres und aller Elemente mit allem, was darin ist, und damit du das sein könntest, wurdest du von Anbeginn deiner Empfängnis unter der Mitwirkung des Heiligen Geistes im Schoß deiner Mutter erschaffen." Die Verehrung Mariens als "Kaiserin" des Himmels hat sich nicht wirklich durchgesetzt. Doch bis heute wird Maria in vielfacher Weise als "Königin des Himmels" verehrt; der 22. August wird heute noch als Gedenktag "Mariä Königin" in der Kirche begangen.

Bild: ©Frédéric Prochasson/Fotolia.com

Maria Königin mit einer Krone: Die vergoldete Marienstatue auf der Wallfahrtskirche Notre-Dame de Fourvière in Lyon.

Prophetin

Dass Maria einen prophetischen Dienst ausübte, machte man schon sehr früh am Magnificat fest. Schon im Vorausblick auf die Geburt Christi habe sie im Namen der Kirche den Lobpreis des Magnificat gesprochen. So drückt es Irenäus von Lyon aus, der Maria schließlich in die mit Abraham beginnende prophetische Tradition einordnet. Auch für den Kirchenvater Origenes wohnt dem Magnificat eine prophetische Dimension inne: Noch vor der Geburt Christi habe Maria im Glauben Gottes Größe und Lebensliebe gepriesen. Origenes selbst drückt das so aus: "Wenn wir nicht zuvor glauben, können wir nicht frohlocken." Maria aber ist schon zum Glauben gekommen, noch bevor sie den schauen darf, den sie gebären soll. Damit ist sie Prophetin: Denn sie weist auf das Ereignis der Heilsgeschichte hin, das zum Anbeginn der Erlösung der Menschheit wird. Für den Bischof Jakob von Sarug kommt die Prophetie Mariens in einem Satz des Magnificat besonders zum Ausdruck: "Von nun an preisen mich selig alle Geschlechter." Schon bei ihrem Besuch bei Elisabeth habe Maria vorausgesehen, dass sie aufgrund ihres Sohnes einmal von allen Generationen geehrt wird. Als Mutter des Erlösers nimmt sie in der Heilsgeschichte einen besonderen Platz ein, das war ihr – so Bischof Jakob – schon von allem Anfang selbst bewusst.

Hilfe der Christen

Es war in der Zeit der Seeschlacht von Lepanto, als am 7. Oktober 1571 die christlichen Mittelmeermächte unter Papst Pius V. gegen das Osmanische Reich überraschend siegte. Das Flaggschiff der Katholischen Liga unter Johannes von Österreich empfing dabei eine Marien-Standarte mit der Aufschrift "Sancta Maria, succurre miseris!" Dabei handelte es sich um eine Kurzform einer damals gebräuchlichen Antiphon: "Heilige Maria, komm zu Hilfe den Armen, richte auf die Kleingläubigen, bitte für das Volk, flehe für die Priester, tritt ein für die gottgeweihten Frauen! Lass alle deine Hilfe erfahren, die dein heiliges Gedächtnis begehen!" Infolge des Sieges, welcher der Fürsprache der Gottesmutter zugeschrieben wurde, führte Gregor XIII. 1573 das Rosenkranzfest ein, welches unter Clemens VIII. 1716 für die ganze Kirche verbindlich wurde. Die Verehrung Mariens als Hilfe der Christen erlebte noch einmal einen Aufschwung, als am 12. September 1683 die Türken vor Wien geschlagen wurden. Wiederum schrieb man den Sieg nicht der eigenen Waffengewalt zu, sondern dem himmlischen Beistand der Gottesmutter. Noch heute befindet sich über dem Hochaltar der Jakobskirche in Innsbruck das Gnadenbild, welches der österreichische Erzherzog Leopold 1611 von Kurfürst Georg von Sachsen als Geschenk erhalten hatte. In vielen Pfarrkirchen befinden sich noch heute Kopien dieses Gnadenbildes; auch der heilige Johannes Bosco war ein großer Förderer der Verehrung Mariens als "Hilfe der Christen".

Papst Johannes Paul II. in Polen
Bild: ©KNA-Bild/KNA

Dass Maria als "Mutter der Kirche" verehrt wird, hat schon Papst Johannes Paul II. in seiner Antrittsenzyklika "Redemptor hominis" 1979 so ins Wort gebracht.

Mutter der Kirche

Dass Maria als "Mutter der Kirche" verehrt wird, hat schon Papst Johannes Paul II. (1978-2005) in seiner Antrittsenzyklika "Redemptor hominis" 1979 so ins Wort gebracht: "Maria ist die Mutter der Kirche, weil sie kraft unaussprechlicher Erwählung durch den ewigen Vater selbst und das besondere Wirken des Geistes der Liebe das menschliche Leben dem Sohn Gottes gegeben hat (...)". Dabei handelt es sich allerdings nicht so sehr um eine theologische, als vielmehr eine bildhaft-symbolische Sprechweise. Immerhin spricht man ja von der "Mutter Kirche", weil die Kirche durch die Taufe Christus neue Kinder schenkt. Der Dogmatiker Otto Semmelroth hatte schon auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil etwas sarkastisch bemerkt, dass Maria strenggenommen die Großmutter eines jeden Gläubigen wäre. Hilfreicher ist da die Rede von Maria, als der "Schwester der Glaubenden". Da Maria selbst diejenige war, die Gott ganz und gar geliebt hat und für seine Nähe offen war, ist sie solidarisch mit jedem Gläubigen.

Herrin

Im "Marianischen Jahr" 1954 erklärte Papst Pius XII. Maria zur Königin des Himmels und der Erde. Dabei verwies er auch auf die drei Marientitel Herrin, Königin und Herrscherin. Bereits der Kirchenvater Origenes hatte diese Titel auf Maria bezogen: "Du, die Mutter meines Herrn! Du, meine Herrin!" Und Hieronymus meinte, eine syrische Deutung des Namens Mirjam bedeute nichts anders als "Domina" (Herrin). Auch für Petrus Chrysologus war dieser Titel für Maria angemessen, da sie die Mutter des Herrn war. In der Lebensbeschreibung der altkirchlichen Eremitin Maria von Ägypten findet sich folgende Anrufung: "Herrin, Herrin, Königin des ganzen Erdkreises, durch die dem Menschengeschlecht das Heil zukam, wollest du mich nicht im Stich lassen!" Bei den griechischen Theologen bürgerte sich schon bald die Bezeichnung Mariens als "Despoina" (Herrin) oder "Basilissa" (Königin) ein. Diese Titel sind unter anderem bei Ephräm oder Johannes von Damaskus bezeugt.

Von Fabian Brand