Analyse der aktuellen Zahlen der Deutschen Bischofskonferenz

So viele Pfarreien stehen unter dem Patronat der Gottesmutter Maria

Veröffentlicht am 17.06.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Rund 10.000 katholische Pfarrgemeinden gibt es derzeit noch in Deutschland. Und wer ist die mit Abstand beliebteste Patronin? Genau: die Gottesmutter Maria – und zwar mit all ihren Titeln. Katholisch.de hat die entsprechenden Patrozinien genauer unter die Lupe genommen.

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Unter den Heiligen der katholischen Kirche nimmt Maria seit jeher einen besonderen Platz ein. Als wohl bekannteste und beliebteste Heilige wird die Gottesmutter mehr verehrt als alle anderen Heiligen. Ausdruck dieser Verehrung sind etwa die zahlreichen Mariengebete und Marienlieder sowie die (Hoch-)Feste, die ihr gewidmet sind und die das Kirchenjahr und das Glaubensleben vieler Katholiken bis heute prägen.

Wie groß die Bedeutung Marias in der Kirche ist, wird aber auch deutlich, wenn man die Patronate der katholischen Pfarrgemeinden und Pfarrkirchen in Deutschland betrachtet. Auch hier nimmt die Mutter Gottes einen herausragenden Platz ein, denn von den derzeit 9.943 Pfarreien stehen laut den Zahlen der Deutschen Bischofskonferenz 1.379 unter ihrem Patronat. Damit lässt sie alle anderen – überwiegend männlichen – Heiligen deutlich hinter sich. Selbst andere beliebte Schutzpatrone wie Petrus, Johannes der Täufer oder Martin von Tours können nicht annährend so viele Patrozinien vorweisen wie die Gottesmutter.

Große Vielfalt bei Marien-Patronaten

Doch nicht nur die Häufigkeit der Marien-Patronate ist bemerkenswert – auch ihre inhaltliche Vielfalt ist einmalig. Im Unterschied zu den anderen Schutzpatronen bestehen Patrozinien der Gottesmutter meist nicht einfach nur aus dem Namen der Heiligen. Vielmehr beziehen sie sich auf die aus der Volksfrömmigkeit stammenden Marientitel – beispielsweise "Königin des Friedens" oder "Mutter der Kirche" – sowie auf zentrale Ereignisse aus dem Leben der Gottesmutter, die wiederum mit entsprechenden Festen und Gedenktagen verbunden sind. Beispielhaft dafür stehen Kirchen mit den Patrozinien Mariä Heimsuchung und Mariä Verkündigung, die sich auf die Kirchenfeste am 2. Juli und am 25. März beziehen.

Die folgende Liste gibt einen Überblick über die zehn häufigsten Marien-Patrozinien in Deutschland. Nicht berücksichtigt sind dabei Pfarrgemeinden, die lediglich St. Marien (152 Patrozinien) oder St. Maria (73) heißen – also nach keinem Marientitel und keinem Ereignis aus dem Leben der Gottesmutter benannt sind. Wichtig zudem: Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die Patrozinien in der Liste jeweils unter einem Namen zusammengefasst, auch wenn viele Patronate in unterschiedlichen Varianten vorkommen (zum Beispiel Mariä Geburt/Maria Geburt/Geburt Mariens).

Bild: ©katholisch.de/msp

Eine Statue der Gottesmutter Maria in einer Kirche.

1. Mariä Himmelfahrt (495 Patrozinien)

Mariä Himmelfahrt ist mit großem Abstand das häufigste Marien-Patronat, fast 500 Pfarrgemeinden in Deutschland tragen diesen Namen. Das Patrozinium bezieht sich auf das Fest Mariä Himmelfahrt am 15. August. Das Fest, das offiziell Mariä Aufnahme in den Himmel heißt, hat seinen Ursprung in der Ostkirche. In der römischen Kirche wird die in der Bibel nicht beschriebene Aufnahme Mariens in den Himmel seit dem 7. Jahrhundert gefeiert, in Deutschland seit dem 9. Jahrhundert. Papst Pius XII. (1939-1958) verkündete 1950 als vorerst letztes katholisches Dogma die "leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel". In katholischen Regionen der Bundesrepublik, vor allem in Süddeutschland, ist das auch "großer Frauentag" genannte Fest mit einer Reihe von Bräuchen verbunden, etwa Lichterprozessionen und Kräuterweihen. Mariä Himmelfahrt ist im Saarland und in rund 1.700 überwiegend katholischen Gemeinden Bayerns Feiertag.

Doch warum ist unter den Marienkirchen gerade Mariä Himmelfahrt so verbreitet? Josef Kreiml, der Vorsitzende des Institutum Marianum, erklärt es so: "Der tiefste Grund besteht wohl darin, dass die Gläubigen früherer Generationen in der Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel 'mit Leib und Seele' die größte Hoffnung für ihre eigene Zukunft gesehen haben." Es gebe das schöne Wort, der Sterbetag eines Menschen sei sein Geburtstag für den Himmel, so Kreiml. Das treffe besonders auf die Heiligen zu, deren liturgischer Gedenktag auf ihrem Sterbetag liege.

2. Mariä Geburt (85)

Das Patrozinium Maria Geburt bezieht sich auf das Marienfest am 8. September, das – wie es der Name schon sagt – an die Geburt der Gottesmutter erinnert. Das Fest entwickelte sich Ende des 5. Jahrhunderts aus dem Weihefest der heutigen St.-Anna-Kirche in Jerusalem; die Basilika steht an der Stelle, die als Geburtsort Marias angesehen wird. Im 7. Jahrhundert wurde das Fest in der Ost- und der Westkirche offiziell eingeführt. Es bestimmte später auch den Termin des Hochfests der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria – Mariä Empfängnis – auf den 8. Dezember, neun Monate vor dem 8. September.

3. Mariä Heimsuchung (85)

Die in der Bibel beschriebene Begegnung der schwangeren Maria mit ihrer Cousine Elisabeth (Lk 1,39 f.) ist Thema des Fests Mariä Heimsuchung. Es wird in der Weltkirche seit der Liturgiereform am 31. Mai gefeiert, in Deutschland jedoch weiterhin an seinem alten Termin am 2. Juli. Mariä Heimsuchung wurde im Jahr 1263 von Bonaventura, dem Generalminister der Franziskaner, für den Orden eingeführt. Durch das schnelle Wachsen des Franziskanerordens fand es schnell in der ganzen Westkirche Verbreitung. In Deutschland gibt es derzeit 85 Pfarrkirchen, die der Heimsuchung Mariens gewidmet sind.

Auf dem Gemälde begegnen sich zwei Frauen und umarmen sich.
Bild: ©picture alliance/Philippe Lissac/Godong

Gemälde der Heimsuchung Mariens in der Hippolyt-Kirche in Paris.

4. Unsere Liebe Frau (82)

Unsere Liebe Frau ist seit dem Mittelalter einer der Ehrentitel der Gottesmutter. Das Patrozinium, das häufig auch unter dem Namen Liebfrauen vorkommt, wird in Deutschland derzeit von 82 Gemeinden getragen.

5. Mariä Empfängnis (76)

Als fünfhäufigstes Marien-Patrozinium folgt Mariä Empfängnis, das in zahlreichen Varianten – Mariä Empfängnis, Unbefleckte Empfängnis Mariens oder Maria Immaculata – vorkommt. Das Patronat bezieht sich auf das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria am 8. Dezember. Hinter dem Fest steht die Überzeugung, dass Maria frei von jeder Sünde ist. Das unterscheidet sie von allen anderen Menschen und soll ihre einzigartige Nähe zu Gott zum Ausdruck bringen. Papst Pius IX. (1846-1878) erhob diesen Glaubenssatz am 8. Dezember 1854 in den Rang eines unfehlbaren Dogmas.

6. Maria Königin (64)

Maria Königin heißen Gemeinden und Kirchen, die der Gottesmutter unter ihrer Anrufung als Königin des Himmels geweiht sind. Patrozinium ist meist das Fest Maria Königin (lateinisch: Maria Regina) am 22. August. Das Patrozinium wird gelegentlich erweitert, etwa zu "Königin der Engel", "Königin des Friedens" oder "Königin des heiligen Rosenkranzes". In Deutschland gibt es derzeit 64 dieser Patronate.

7. Maria Hilf (42)

Unter dem Namen Maria Hilf sind all jene Pfarreien zusammengefasst, die unter dem Schutz der Gottesmutter als "Hilfe der Christen" (lateinisch: Auxilium Christianorum) stehen. Diese Form der Verehrung geht auf die Zeit der Kreuzzüge zurück, als "Maria Hilf!" neben "Deus vult!" einer der Schlachtrufe der Kreuzritter war. Nachdem im 16. Jahrhundert  das christliche Europa das aufstrebende Osmanische Reich in den sogenannten Türkenkriegen zurückgedrängt hatte, fügte Papst Pius V. (1566–1572) die Anrufung "Hilfe der Christen" in die Lauretanische Litanei ein. Einen großen Aufschwung erlebte die Verehrung der Gottesmutter dann nach dem Ende der Belagerung Wiens durch die Osmanen im Jahr 1683. 1814 führte Papst Pius VII. (1800-1823) für den 24. Mai das Fest Maria, Hilfe der Christen ein – als Dank dafür, dass er nach der Abdankung Napoleons wieder nach Rom zurückkehren konnte; es wird auch Schutzmantelfest genannt.

Schmerzhafte Muttergottes "mater dolorosa"
Bild: ©KNA-Bild

Eine Darstellung der "Schmerzensmutter" im Dom St. Petri zu Bautzen.

8. Mariä Schmerzen (41)

Mariä Schmerz, Mater Dolorosa, Schmerzhafte Mutter, Sieben Schmerzen Mariens – alle diese Namen stehen für das Patrozinium Mariä Schmerzen. Es bezieht sich auf das weitgehend unbekannte Fest Gedächtnis der Schmerzen Mariens, das am 15. September begangen wird. An diesem Tag wird Maria als "Mater Dolorosa" (deutsch: Schmerzensmutter) verehrt. Dabei werden sieben schmerzhaften Erfahrungen im Leben der Gottesmutter gewürdigt, die das Neue Testament und die Tradition kennen. Darunter sind die Darstellung Jesu im Tempel mit der Weissagung Simeons (vgl. Lk 2,34-35), die Flucht nach Ägypten vor dem Kindermörder Herodes (vgl. Mt 2,13-15) und der Verlust des zwölfjährigen Jesus im Tempel (vgl. Lk 2,43-45). Hinzu kommen vier Ereignisse im Kontext der Kreuzigung Jesu: die in der Bibel nicht beschriebene Begegnung Jesu mit seiner Mutter auf dem Weg nach Golgota, die Kreuzigung und das Sterben Jesu, die Kreuzabnahme und Beweinung Jesu sowie seine Grablegung. Die Geschichte des Gedenktags lässt sich bis in das Jahr 1432 zurückverfolgen, erst 1727 schrieb Papst Benedikt XIII. (1724-1730) es jedoch für die ganze Kirche vor.

9. Maria Rosenkranzkönigin (28)

Maria als Königin des heiligen Rosenkranzes – unter diesem Patronat stehen derzeit 28 Pfarreien in Deutschland. Patronatsfest ist das Fest der allerseligsten Jungfrau Maria vom Rosenkranz (lateinisch: Festum Beatae Mariae Virginis a Rosario) am 7. Oktober. Es wurde von Papst Pius V. (1566-1572) als Gedenktag Unserer Lieben Frau vom Siege gestiftet, der damit seinen Dank für den Sieg der christlichen Flotte in der Seeschlacht von Lepanto im Jahr 1571 ausdrücken wollte. Schon 1573 wurde das Fest von Papst Gregor XIII. (1572-1585) in Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz umbenannt. Im Jahre 1716, nach dem Sieg der kaiserlichen Truppen über das Osmanische Reich in der Schlacht von Peterwardein, nahm man das Fest in den Römischen Generalkalender auf. Im Jahr 1913 legte man es auf den 7. Oktober fest.

10. Mariä Verkündigung (26)

Im Lukasevangelium (Lk 1,26-38) wird die Geschichte erzählt, wie der Engel Gabriel der Jungfrau Maria verkündet, dass sie schwanger werden und den Sohn Gottes gebären wird ("Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben."). Dieses Ereignis wird als Verkündigung des Herrn oder Mariä Verkündigung bezeichnet; das dazugehörige Kirchenfest steht am 25. März – neun Monate vor Weihnachten – im Kalender. Die wohl bedeutendste Verkündigungskirche steht im Heiligen Land über jener Höhle in der Stadt Nazareth, in der der Überlieferung zufolge der Egel Maria erschienen ist. In Deutschland stehen derzeit 26 Pfarreien unter dem Patronat Mariä Verkündigung.

Von Steffen Zimmermann