Kardinal Marx: Krise der Kirche nicht von Reformdebatte trennen
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat mit Blick auf die katholische Kirche vor einer Trennung der aktuellen Krise von der Reformdebatte gewarnt. "Viele denken, dass wir natürlich administrativ alles tun müssten, um bessere Wege zu finden, aber das habe nichts mit der Reform der Kirche zu tun. Da bin ich dezidiert anderer Meinung", sagte der Erzbischof von München und Freising bei der Vollversammlung des Diözesanrats der Katholiken am Wochenende in der bayerischen Landeshauptstadt. Die Katholiken hätten einen "Weg zu gehen in eine neue Epoche der kirchlichen Wirklichkeit, mit Mut, mit einem Blick nach vorne" – ohne "auszublenden, was war".
Marx sagte, der Begriff "synodal" solle als "Adjektiv für die gesamte Kirche" verstanden werden. "Kirche kann nur synodal sein, wenn dies auf Priester, Seelsorger und Gremien zutrifft. Das haben wir noch nicht gefüllt." Was dies für ihn als Person bedeute, müsse er noch lernen. Es könne für Kirche jedenfalls nicht darum gehen, "Räume zu besetzen und zu verteidigen, sondern Prozesse in Bewegung zu setzen".
Missbrauchsgutachten "unverzichtbarer Baustein"
Für die aktuellen kirchlichen Reformbestrebungen – den vom Papst angestoßenen Synodalen Prozess für die Weltkirche, den Synodalen Weg in Deutschland und den Gesamtstrategieprozess im Münchner Erzbistum – wünschte sich Marx: "Wir sollten zuerst auf Christus hören." Am Ende werde es nicht darum gehen, "wer gewonnen hat – wir sind keine Aktionsgruppe, die ihre Interessen vertritt, keine Partei".
Zur Missbrauchsaufarbeitung erklärte der Kardinal, das von seiner Erzdiözese beauftragte und für Herbst erwartete Missbrauchsgutachten sei dabei "ein unverzichtbarer Baustein, aber es ist nicht die Aufarbeitung. Es muss weiter gehen." Auch die ansteigende Diskussion um geistlichen Missbrauch wolle er mit den Betroffenen vertiefen.
Zu seinem weiteren Wirken als Erzbischof sagte Marx: "Ich möchte mit großer Freude, mit Zuversicht mit Ihnen zusammen weiterarbeiten an einer Kirche, die Zukunft hat." Nach seinem vom Papst abgelehnten Rücktrittsangebot vom Sommer hätten ihn hunderte meist sehr positive und bestärkende Zuschriften dazu ermutigt. (KNA)