Parolin: Kirche und Staat müssen Missbrauch gemeinsam aufarbeiten
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat die Bedeutung der Zusammenarbeit von Kirche und Staat in Frankreich bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch betont. Die Verpflichtung der Kirche für die Würde der Opfer und das Gemeinwohl einzutreten sei "umso stärker und bestimmter in voller Zusammenarbeit mit den staatlichen Amtsträgern", sagte Parolin in seiner Rede zum 100. Jahrestag der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und dem Vatikan am Montag in Rom.
Wichtig für diese Kooperation sei allerdings auch, "die Natur, die Mission und die sakramentale Struktur der Kirche" zu respektieren so Parolin weiter. Nach dem jüngst veröffentlichten Bericht einer Untersuchungskommission zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Frankreich hatte es Diskussionen über das Verhältnis von Staatsrecht zu kirchlichen Sakramenten gegeben. So hatte Innenminister Gerald Darmanin das Beichtgeheimnis von Priestern infrage gestellt. Priester, die über die Beichte Kenntnisse über Sexualdelikte gegenüber Minderjährigen erhalten haben, seien verpflichtet, diese "vor Gericht zu bringen".
Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen vor 100 Jahren
Der Kardinal betonte ferner den hohen Stellenwert, den die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Frankreich, "der ältesten Tochter der Kirche", in der Geschichte des vergangenen Jahrhundert bis heute habe. Die Kirche habe sich dadurch in Frankreich wieder willkommen gefühlt, während die größtenteils katholische bürgerliche Gesellschaft ebenfalls von der Wiederanerkennung der Kirche profitiert habe, erklärte Parolin.
Gleichzeitig wurde der Kardinalstaatssekretär vom Französischen Ministerpräsidenten Jean Castex im Rang eines Kommandeurs in die französische Ehrenlegion aufgenommen. Castex überreichte dem Kardinal die Insignien für die vierthöchste Stufe des Ordens bei dem Festakt in der französischen Botschaft, die sich in der Villa Bonaparte in Rom befindet.
Nach knapp 17-jähriger Pause hatte Frankreich im Mai 1921 erstmals wieder einen Botschafter in den Vatikan entsandt. Zuvor war es 1904 zum diplomatischen Bruch gekommen, als Papst Pius X. den Besuch des damaligen französischen Präsidenten Emile Loubet beim italienischen König Victor Emmanuel III. öffentlich kritisierte. (KNA)