Ein Hauch Heiligland: Israeli entwirft Kreuze für verhinderte Pilger
Handgeschnitzt aus Olivenholz, mit Perlmutt oder orientalisch anmutend, in orthodoxem Stil mit kleeblattartigen Abschlüssen oder als quadratisches "Jerusalemkreuz" mit vier kleinen Kreuzen zwischen den Kreuzbalken: Für viele Pilger ist ein Kreuz eine beliebtes Souvenir an ihre Reise ins Heilige Land. Wie aber kommt das Kreuz zum Pilger, wenn diesem der Besuch verwehrt bleibt? Diese Frage stellte sich Schaked Dadosch Rosenstock. Seine Antwort: "Hosanna" – ein Designkreuz "handmade in Israel", das mehr sein will als nur ein Schmuckanhänger. Damit will der jüdische Israeli fernab von Jerusalem einen Hauch Heiliglanderfahrung verbreiten.
Das Kreuz ist massiv. Knapp vier mal sechs Zentimeter, gut zwei Zentimeter tief und 35 Gramm schwer. Der Körper aus Silber, die Rückseite goldbeschichtet. Ein Durchbruch im Langbalken gibt den Blick frei auf einen kleinen Flakon voll Jordanwasser, in ihm ein Mini-Kreuz aus Gold. Vorsichtig platziert der Israeli das Kreuz auf dem Salbstein im Eingang der Grabeskirche, auf den Altar der griechisch-orthodoxen Adamskapelle unter der Kreuzigungsstätte Golgatha, auf das Grab in der Ädikula. Bis das Kreuz einst in den Händen "seines" Pilgers landet, wird es eine eigene Heiliglandreise hinter sich haben.
Natürlich habe sein Projekt auch eine kommerzielle Seite, aber es komme ihm auf den spirituellen Mehrwert an. "Ich möchte, dass das Kreuz an den wichtigsten christlichen Stätten gewesen ist: der Grabeskirche, der Geburtskirche, der Verkündigungskirche, der Jordantaufstelle", sagt Dadosch Rosenstock. Jedes Kreuz, erklärt er, bekommt eine Seriennummer. Via Barcode in der Schatulle kommt der Empfänger zu einem Video, mit dem er den Weg seines Kreuzes nachvollziehen kann.
Zugang zu heiligen Stätten geben
Auf diese Weise will der Israeli Christen Zugang geben zu ihren heiligsten Stätten. Die Idee habe er schon seit vielen Jahren mit sich herumgetragen, "schlussendlich aber gab das Coronavirus mir die Motivation zur Umsetzung". Seit Beginn der Pandemie blieben die Tore des Heiligen Landes tatsächlich für nahezu alle Pilger geschlossen. "Wenn ich heute meine Kreuze an eine heilige Stätte trage, bin ich oftmals der einzige Besucher."
Eigentlich ist Dadosch Rosenstock Anwalt. Als solcher kümmert er sich um die Rechte thailändischer Gastarbeiter in einem Kibbutz, "eine Arbeit, die die Seele ruiniert", scherzt der 45-Jährige halbernst. Viel lieber würde er häufiger Kirchen besuchen. Christliche Stätten faszinieren den Juden, der sich selbst als nicht religiös bezeichnet. "Die Grabeskirche strahlt etwas Besonderes aus, man spürt die Geschichte und eine Authentizität wie in keiner anderen Kirche der Welt." Das Gefühl ist "unbeschreiblich", sagt er.
Dadosch Rosenstock experimentiert. Die einfache schwarze Schmuckschatulle, die er ursprünglich für sein Kreuz ausgesucht hatte, wurde inzwischen durch eine feinere elfenbeinfarbene ausgetauscht. "Für dieses Projekt haben wir bei Null angefangen.", erklärt der Israeli. "Wir", das ist auch die Schmuckdesignerin Alona Bracha, die seine Ideen in die Tat umsetzt. Auch sie bezeichnet sich nicht als religiös, "aber immer interessiert an Geschichte". Auf einer geführten Tour durch das christliche Jerusalem und durch "viel Lesen" habe sie ihr Anfangswissen über das Christentum vertieft. "Meine Überzeugung ist, dass ich etwas wissen und verstanden haben muss, um präzise arbeiten zu können", sagt sie.
Eine "weiblichere Version"
Am Computer entwirft sie derzeit eine "weiblichere Version" des Kreuzes. Bis sich beide auf ein Design geeinigt haben, werden mehrere Silikonmodelle und 3D-Drucke entstehen. Die Designerin hat Ideen für weitere Schmuckstücke im Kopf. Am Ende könnte so "eine Kollektion entstehen, die einen klar wiedererkennbaren Stil hat".
Rund 150 Euro wird ein solches Designerkreuz voraussichtlich kosten. Auf über 100 Euro schätzt Bracha allein die Materialkosten. "Religiöse Kunst, wie Judaica, ist oft teuer, aber sie ist den Menschen so wichtig, dass sie sie wertschätzen und bereit sind, das Geld auszugeben."
Noch ist keines der Kreuze zum Verkauf erhältlich, aber die Reaktion aus christlichen Kreisen sei durchweg positiv. Anders sieht es bei jüdisch-israelischen Freunden des Initiators und der Designerin aus. "Meine Freunde halten mich für seltsam, fragen, warum ich unbedingt mit Kreuzen zu schaffen haben muss", erzählt er. Verärgert oder verletzt seien ihre Freunde aber nicht, ergänzt sie. "Dafür sind sie mir zu ähnlich."