Anwohnerin hatte geklagt

Urteil: Sonntägliches Glockengeläut muss geduldet werden

Veröffentlicht am 25.10.2021 um 16:44 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ Eine Anwohnerin wollte das Geläut von Kirchenglocken in ihrer Heimatstadt verbieten lassen. Das Gericht stellte nun klar, warum das Glockengeläut auch in einer verweltlichten Gesellschaft geduldet werden müsse.

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Sonntägliches Geläut von Kirchenglocken muss einem Urteil zufolge auch in einer verweltlichten Gesellschaft geduldet werden. Glockengeläut "im Rahmen des Herkömmlichen" stelle keine erhebliche Belästigung dar, entschied das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main in dem am Montag veröffentlichten Urteil. Solches Geläut sei deshalb "auch in einer säkularisierten Gesellschaft als eine zumutbare sozialadäquate Einrichtung unter dem Gebot gegenseitiger Toleranz hinzunehmen".

Eine Anwohnerin wollte das Geläut in Usingen-Merzhausen im hessischen Hochtaunuskreis verbieten lassen. Diesen Unterlassungsanspruch lehnte das Gericht ab. Die in direkter Nähe der Kirche wohnende Nachbarin wollte das sonntägliche Glockengeläut um 8 Uhr verhindern, ebenso wie das weitere ein bis sechsmal im Jahr stattfindende Geläut anlässlich von Musikkonzerten in der Kirchengemeinde.

Gericht betont sakralen Charakter

Das Gericht betonte, das Glockengeläut habe sakralen Charakter und finde am Sonntagmorgen für maximal fünf bis zehn Minuten statt. Die Musikveranstaltungen in der Gemeinde wiesen ebenfalls sakralen Charakter auf, da bei den Darbietungen von Kirchenmusik liturgische Elemente wie Gebet und Lesung enthalten seien. Zudem würden Lärm-Grenzwerte nicht überschritten. Das sonntägliche Geläut habe laut der Kirchengemeinde zwar keinen Bezug zu einem konkreten Gottesdienst, sei aber als "Tagesläuten" von einem religiösen Hintergrund geprägt.

Das Gericht wies darauf hin, dass die Kirche im Dorfkern sei und das Glockengeläut seit 1951 betrieben werde. Die Klägerin sei 2001 in die Nähe der Kirche gezogen. Damit habe sie sich als "Lärmbetroffene" freiwillig in die Situation begeben. Sie habe die "Immissionsproblematik" erkennen müssen. Es sei von ihr zu erwarten, sich auf die Situation einzustellen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann noch vor den Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel ziehen. (KNA)