Einladung zum Gegenbesuch ausgesprochen

"Mit Luther zum Papst": Ökumenische Pilger zu Gast bei Franziskus

Veröffentlicht am 26.10.2021 um 12:12 Uhr – Lesedauer: 

Rom/Vatikanstadt ‐ 500 Pilger aus dem Stammland der Reformation sind in Rom von Papst Franziskus empfangen worden. Schon zum zweiten Mal organisiert das Bistum Magdeburg mit zwei evangelischen Landeskirchen die ökumenische Romfahrt – das würdigt nicht nur der Papst.

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"Besser alle zusammen" – das Motto der Reise von Magdeburger katholischen und evangelischen Jugendlichen nach Rom hatte der Papst selbst gesetzt – 2016, bei der ersten Auflage von "Mit Luther zum Papst". Fünf Jahre später sind wieder 500 Pilger aus dem Bistum Magdeburg und den Landeskirchen Anhalts und Mitteldeutschlands zu Besuch beim Papst. Wie viele davon katholisch, wie viele evangelisch sind, wissen auch die Organisatoren nicht so genau – in Thüringen und Sachsen-Anhalt arbeiten die Kirchen ganz selbstverständlich ökumenisch zusammen. "Bei der Anmeldung spielt das keine Rolle", sagt der Magdeburger Diözesanjugendseelsorger Christoph Tekaath. Etwa halbe-halbe teilen sich die christlichen Konfessionen auf der Fahrt auf, schätzt er – und gut ein Zehntel könnte konfessionslos sein. Vor allem junge Menschen sind dabei, die Altersspanne reicht aber von zwei bis 80 Jahren. Einige waren schon 2016 bei der ersten Reise von Luther zum Papst dabei.

"Das ist bei uns in der Region üblich: In der Jugendarbeit erreichen wir alle Menschen mit unseren Angeboten, nicht nur die Christen", so Tekaath. Der evangelische Leiter der Pilgerfahrt kann dem zustimmen. Matthias Koppischke ist Landespfarrer für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Evangelischen Landeskirche Anhalts: "Wir sind Christen, die etwas gemeinsames glauben", betont er. "Wo wir Christen nicht so breit gesät sind wie bei uns, müssen wir gemeinsam unterwegs sein", ist sich der Jugendpfarrer sicher. In Sachsen-Anhalt gehört weniger als ein Fünftel der Einwohner zu einer christlichen Kirche, in Thüringen sind es immerhin fast ein Drittel Christen – ganz anders also als in Rom.

Irritiert, gerührt und beeindruckt von der Papstaudienz

Die Papstaudienz am Montag hat daher auch großen Eindruck gemacht auf die Jugendlichen. Manche waren irritiert von dem "höfischen Zeremoniell" im Vatikan, berichtet Tekaath, manche von der Begegnung zu Tränen gerührt. Einige hatten bei der Audienz sogar die Möglichkeit, ein paar persönliche Worte mit Franziskus zu wechseln. Was alle beeindruckt hat war die Gelegenheit für einen so direkten Austausch mit dem Kirchenoberhaupt "Betet für mich!", forderte der Papst jeden einzelnen auf.

Papst Franziskus im Gespräch mit Jugendlichen
Bild: ©Bistum Magdeburg

Papst Franziskus im Gespräch mit Jugendlichen.

Gut eine halbe Stunde nahm der Papst sich Zeit für die Reisegruppe, die ihre Pilgerfahrt aus dem sachsen-anhaltinischen Stammland von Luthers Reformation nach Rom angetreten hatte. Die Audienz begann mit kurzer Verspätung – ein paar Strophen "Laudato si" mussten die Wartezeit überbrücken. Umso größer war die Freude dann über die Begegnung. Schnell hatte der Papst einen der bunten Schals umgelegt, an denen die Pilger zu erkennen sind.

Mit dem Aufruf "Vergesst nicht, für mich zu beten!" schloss der Papst seine offizielle Ansprache an die Gruppe. Viele der Teilnehmer engagieren sich in Jugendchören – auch den Papst begrüßten sie mit einem Lied. Für Franziskus die Gelegenheit, auf ein Thema zu verweisen, das ihm für die Kirche wichtig ist: Aufeinander hören: "Singen verbindet. Im Chor ist man nicht allein: Es ist wichtig, auf die anderen zu hören. Die Hörbereitschaft wünsche ich mir für die Kirche", gab der Papst den Jugendlichen mit – die Kirche lerne das gerade beim weltweiten synodalen Prozess, der am Wochenende seinen Anfang in den Bistümern genommen hatte.

Ausklang auf der Piazza Martin Lutero

Hängengeblieben von der Papstrede sei vielen der Jugendlichen vor allem, dass der Papst sie aufforderte, dass jeder seine eigene Melodie finden soll, berichtet Tekaath: "Bleibt immer hellhörig für Gottes Melodie in eurem Leben. Dann wird aus vielen Stimmen ein Gesang. Auch darin geschieht Ökumene, in Deutschland und in vielen anderen Teilen der Welt", so Franziskus. Für den evangelischen Jugendpfarrer Kopischke war es beeindruckend, wie still und aufmerksam trotz der großen Menschenmenge eine Papstaudienz ist und wie sich der Papst trotz vieler Termine auch für einzelne Zeit nimmt – egal ob Katholik oder nicht. Ein Busfahrer der Gruppe, ergänzt der katholische Jugendseelsorger Tekaath, hatte das Glück, in der ersten Reihe zu stehen – der Konfessionslose war glücklich und dankbar, dass Papst Franziskus ihm seinen Wunsch erfüllte und den Busschlüssel segnete.

Nach dem Papst ging es dann zu Luther: Die Pilger besuchten – ganz ökumenisch – nach dem Pontifex die "Piazza Martin Lutero" auf dem Oppio-Hügel neben dem Kolosseum. Seit 2015 ist der Platz im Herzen Roms nach dem deutschen Reformator benannt, nachdem die lutherische Gemeinde der Stadt schon 2009 den Stadtrat um eine Würdigung Luthers gebeten hatte. Eine gemeinsame Andacht setze den Schlusspunkt des Tages. "Besser gemeinsam zusammen" – dieses Motto wollen die ökumenischen Pilger wieder mit zurück nehmen, vom Papst in die Lutherregion. Und wer weiß, vielleicht nimmt der Papst auch die Einladung an, die sie ausgesprochen haben, und kommt nach Thüringen und Sachsen-Anhalt.

Von Felix Neumann

Ökumenepreis der ACK für "Mit Luther zum Papst"

Zum Auftakt der Reise wurde das Projekt "Mit Luther zum Papst" in Rom mit dem Ökumenepreis 2021 der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland ausgezeichnet. Die Verleihung des mit 2.500 Euro dotierten Preises durch den ACK-Vorsitzenden Erzpriester Radu Constantin Miron fand zum Auftakt einer ökumenischen Romfahrt statt.

Organisiert wird sie von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und der Evangelischen Landeskirche Anhalts sowie dem Bistum Magdeburg. Diözesanjugendseelsorger Christoph Tekaath betonte im Vorfeld, dass es bei der Reise darum gehe das ökumenische Anliegen aus Deutschland nach Rom zu tragen, also eigentlich in die ganze Welt; eine Reformation, die das Miteinander betone.

Das prämierte Projekt biete die Möglichkeit, "niedrigschwellig auch mit Konfessionslosen und Ungetauften ins Gespräch über den Glauben zu kommen" und die Kirchen in einer Diaspora-Situation zu stärken, erklärte die ACK-Jury in ihrer Begründung. Der Ökumenepreis der ACK wird alle zwei Jahre verliehen. Geehrt werden Projekte und Initiativen, die zur Einheit der Christen beitragen und ein gemeinsames Engagement von Christen verschiedener Konfession fördern. (fxn/KNA)