In die Gesellschaft hinein
Franziskus bewertet den Katholikentag in seinem Grußwort als Zeichen für echten Dialog. Christen müssten Brücken der Beziehung errichten und einen Dialog über die Fragen des Lebens führen, heißt es in dem Schreiben, das der Apostolische Nuntius Nikola Eterovic bei der Eröffnung des Treffens in Regensburg verlas. Der Papst rief dazu auf, besonders "die Sorgen der Ränder" nicht außer Acht zu lassen. Wörtlich hob er hervor: "Mit Christus Brücken bauen heißt vor allem beten." Ein Gebet sei keine Einbahnstraße, sondern ein echter Dialog mit Christus, der "manchmal auch ganz leise spricht".
Mit Blick auf den vor 100 Jahren begonnenen Ersten Weltkrieg erinnerte der Pontifex daran, wohin der Abriss von Brücken und die Verweigerung des Dialogs geführt hätten. Viele weitere Kriege und Auseinandersetzungen seien in diesem "blutigen Jahrhundert" gefolgt. In den Herzen seien Mauern des Misstrauens, der Wut und des Hasses gewachsen.
Franziskus ging auch auf den Bau der Berliner Mauer ein: "Aber dann sind die Menschen in Kirchen zusammengekommen, um für den Frieden zu beten. Und sie sind aus der Kraft des Gebets hinausgegangen in ihre Stadt, Woche für Woche. Mit ihnen haben sich immer mehr Menschen vereint. Und schließlich ist die Mauer von Berlin zusammengebrochen - in diesem Jahr feiern wir das 25-jährige Jubiläum dieses Ereignisses", so der Papst wörtlich.
Der Regensburger Bischof und Gastgeber, Rudolf Voderholzer, betonte, der Katholikentag sei es wert, Zeit und das notwendige Geld aufzuwenden, "wenn wir als Katholiken unseren Dienst für die Gesellschaft anbieten können". Dabei hoffe er, dass der Katholikentag als ein Fest des Laienapostolats dazu beitragen werde, gerade junge Christen zu einem politischen Engagement zu ermutigen.
Zugleich erinnerte Voderholzer daran, dass kontroverse Themen nicht ausgespart würden. Es handele sich um einen "offenen und gesprächsbereiten Katholikentag". Dabei gelte es aber, die Forderungen von Papst Franziskus und seinem Vorgänger Benedikt XVI. nicht aus den Augen zu verlieren, eine dienende Kirche zu sein. Diese dürfe sich nicht darin erschöpfen, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Es sei wichtig, sich im Glauben der Kirche zu vergewissern, "wenn wir auf der Grundlage dieses Glaubens in die Welt hineinwirken".
Dass die Menschen weltweit längst eine Schicksalsgesellschaft bildeten, sagte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück. Doch erlebe man derzeit zugleich die Entfremdung der Völker. Vielfalt sei jedoch als großer Reichtum der Kirche zu verstehen. "Vielfalt und Einheit im Geist Christi müssen richtig miteinander verbunden werden", sagte der ZdK-Präsident. Glück würdigte die Treffen als "Spiegelbild der Vielfalt der Lebenssituationen und der Lebenswege, der Vielfalt der Glaubenswege und der Ausdrucksformen unserer Frömmigkeit. Glück forderte außerdem, auch "im manchmal mühsamen Weg der Ökumene" Brücken zu bauen.
Auch Bundespräsident Joachim Gauck war zur Eröffnung gekommen und rief die Christen zur Einheit auf. "Wir Christen, wir Mitglieder der Kirchen müssen wissen, dass wir in den Staat und die Gesellschaft hinein nur mehr wirken können, wenn wir möglichst mit einer Stimme sprechen", sagte Gauck. Der christliche Glaube enthalte "Zumutungen", deren Konsequenzen in einer säkularen Gesellschaft unverzichtbar seien, betonte das Staatsoberhaupt. Als Beispiele nannte er den Schutz von Armen und Schwachen sowie die Achtung der Menschenwürde "von der Zeugung bis zum letzten Atemzug".
Voderholzer, sein evangelischer Amtsbruder, Regionalbischof Hans-Martin Weiss, und der griechisch-orthodoxe Erzpriester Apostolos Malamoussis aus München erteilten dem Treffen einen ökumenischen Segen. Für die musikalische Gestaltung der Auftaktveranstaltung bei unbeständigem Wetter sorgten unter anderen die Regensburger Domspatzen sowie mit neuen geistlichen Liedern die Gruppe Ruhama aus Köln.
Bis Sonntag erwarten die Veranstalter des 99. Deutschen Katholikentags 30.000 Dauer- und 50.000 Tagesgäste. Neben Bundespräsident Gauck werden auch Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel erwartet. Mehr als 1.000 Veranstaltungen sind geplant, darunter Open-Air-Gottesdienste, literarische Lesungen auf einem Schiff und die Uraufführung eines Glockenspiels. Der Wetterbericht sagt für das Christentreffen bei frühlingshaften Temperaturen einen Mix aus Sonne, Wolken und Schauern vorher. (mit Material von KNA)