Generalsekretär der Bischofskonferenz kritisiert medialen Fokus auf Kirche

Spanische Bischöfe gegen unabhängige Untersuchung von Missbrauch

Veröffentlicht am 23.11.2021 um 13:30 Uhr – Lesedauer: 

Madrid ‐ In mehreren Ländern hat es bereits unabhängige Studien über das Ausmaß des Missbrauchsskandals in den jeweiligen Ortskirchen gegeben. Die spanischen Bischöfe lehnen eine solche Untersuchung ab: Zu "statistischen Analysen" sei man nicht in der Lage.

  • Teilen:

Die Spanische Bischofskonferenz lehnt eine unabhängige Untersuchung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche des Landes ab. Man sei nicht dazu bereit und in der Lage, "statistische Analysen" anzufertigen, sagte Weihbischof Luis Argüello bei einer Pressekonferenz zum Abschluss der Vollversammlung der Bischöfe Spaniens am Freitag, wie Medien am Montag berichteten. Die Kirche des Landes wolle jeden Betroffenen und jeden Missbrauchstäter mit Namen kennen, damit die konkreten Personen nicht in der Statistik untergingen, so der Generalsekretär und Pressesprecher der Bischofskonferenz. "Wir haben uns dafür entschieden, uns von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten."

Leidglich in 0,8 Prozent der bekannten Missbrauchsfälle in Spanien seit 1950 seien Priester als Täter benannt worden, so Argüello weiter. Dies seien nur sehr geringe Zahlen, weshalb der Generalsekretär kritisierte, dass sich die mediale Aufmerksamkeit bei der Berichterstattung zum Thema Missbrauch nahezu ausschließlich auf die Kirche richte: "Es sind auch Fälle in Sportvereinen bekannt. Aber hat man vom Spanischen Olympischen Komitee oder der Fifa eine umfassende Aufarbeitung gefordert?" Gleichzeitig betonte Argüello, dass in den jeweiligen Bistümern Missbrauchsfälle aktiv untersucht würden. Spanien sei kein zentralistisch strukturiertes Land, was auch auf die spanische Kirche zutreffe. Die Bischöfe seien jedoch sehr daran interessiert, über die Missbrauchsfälle Bescheid zu wissen, damit die Taten sich nicht wiederholen könnten. Die Kirche stehe allen Betroffenen von Missbrauch jederzeit offen gegenüber. Sie sei zudem immer dazu bereit, die kirchenrechtlichen Verjährungsfristen aufzuheben.

Betroffene kritisieren Bischofskonferenz

Bei ihrer Vollversammlung in der vergangenen Woche verabschiedeten die spanischen Bischöfe ein "Generelles Dekret zum Schutz Minderjähriger", das kirchliche Normen im Kampf gegen Missbrauch bündelt. Das Dokument sei in allen Diözesen und Ordenseinrichtungen des Landes gültig. Die spanischen Oberhirten seien damit die erste Bischofskonferenz weltweit, die derart umfassend geltende Regeln beschließe, so Argüello. Zudem sei die Einrichtung einer zentralen Koordinationsstelle beschlossen worden, die die Arbeit der bereits bestehenden Kinderschutzzentren der Diözesen vernetze und vereinheitliche.

Betroffenenorganisationen kritisierten den Generalsekretär für seine Aussage bezüglich der Anzahl von Missbrauchsfällen. Diese seien aufgrund der herausgehobenen Stellung kirchlicher Schulen und Heime während der Franco-Diktatur (1936/39-1977) wahrscheinlich sogar höher als im Nachbarland Frankreich, für das die im Oktober veröffentlichte Missbrauchsstudie eine Zahl von 216.000 minderjährigen Betroffenen seit 1950 angegeben hat. Für Spanien gibt es bislang keine offiziellen Zahlen, doch die Zeitung "El País" berichtete, dass mindestens 945 Opfer von Missbrauch im kirchlichen Umfeld bekannt seien. Die Dunkelziffer sei wesentlich höher. (rom)