Geste in Griechenland: Papst entschuldigt sich bei Orthodoxen
Der Dialog zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche hat den ersten Tag des Griechenlandbesuchs von Papst Franziskus bestimmt. Bei einem Treffen mit der Führungsspitze der orthodoxen Kirche in Griechenland bat Franziskus am Samstag in Athen "Gott und meine Brüder und Schwestern" um Vergebung für Fehler der Vergangenheit.
"Orthodox" ist griechisch und bedeutet "rechtgläubig". Als Schlüsseljahr für die schrittweise Spaltung der Christenheit in eine römisch-katholische und eine orthodoxe Kirche gilt das Jahr 1054. Damals exkommunizierte der römische Gesandte des Papstes den Patriarchen von Konstantinopel. Patriarch Kerullarios ließ daraufhin den Gesandten von einer Synode verdammen. Die gegenseitigen Bannsprüche wurden erst 1965 offiziell aufgehoben.
Franziskus bedauerte Handlungen und Entscheidungen, die wenig oder gar nichts mit Jesus und dem Evangelium zu tun gehabt hätten, sondern eher von Profit- und Machtstreben geprägt gewesen seien. "Das Unkraut des Misstrauens hat unsere Distanz vergrößert, und wir haben aufgehört, Gemeinschaft zu pflegen", so der Papst wörtlich.
Zwischenfall bei Ankunft
Zuvor war es bei der Ankunft von Franziskus am Sitz des orthodoxen Erzbischofs von Athen, Hieronymos II., zu einem Zwischenfall gekommen. Ein älterer orthodoxer Priester beschimpfte den Papst lautstark als "Häretiker" – also Irrlehrer. Sicherheitskräfte führten den Geistlichen umgehend ab.
Im Anschluss traf sich der Papst mit Vertretern der katholischen Minderheit in Griechenland. "Seht eure Kleinheit als Segen an und nehmt sie gerne an. Sie befähigt euch, auf Gott und auf Gott allein zu vertrauen", so Franziskus.
Der Papst war am Samstagvormittag von Zypern aus kommend in der griechischen Hauptstadt gelandet. Zunächst standen Treffen mit Vertretern von Politik und Gesellschaft auf dem Programm. Dabei kritisierte Franziskus eine verbreitete "Demokratieskepsis". Anstatt Populisten und autoritären Führern zu folgen empfahl er den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Alcide De Gasperi (1881-1954), einen Förderer der europäischen Einigung, als Vorbild.
Kein gutes Bild der Flüchtlingspolitik
Vor allem in der Flüchtlingspolitik gebe die EU derzeit kein gutes Bild ab, so Franziskus. Sie sei von "nationalistischen Egoismen" zerrissen und agiere zuweilen "blockiert und unkoordiniert". Europa müsse eine "treibende Kraft der Solidarität" werden, eine umfassende Sichtweise auf Migration entwickeln und Notleidenden mehr Aufmerksamkeit schenken. Ausdrücklich lobte Franziskus die "Aufnahmewilligkeit" Griechenlands, obwohl auf einigen Inseln die Zahl der Migranten die Einwohnerzahl einzelner Orte übersteige.
Der Umgang mit Flüchtlingen war auch Thema bei dem Treffen mit den Vertretern der griechisch-orthodoxen Kirche. Am Sonntag will Franziskus zum zweiten Mal nach Lesbos reisen, um dort Flüchtlinge zu treffen. Begleitet wird Franziskus von der griechischen Präsidentin Katerina Sakellaropoulou. Die Politikerin bedankte sich beim Papst für seinen Besuch und sein Engagement. "In schwierigen Zeiten mit großen Prüfungen für die Menschheit" sei der Beitrag der Religion und der Kirche von großer gesellschaftlicher und politischer Bedeutung.
Am Donnerstag und Freitag hatte Franziskus Zypern besucht und dort ebenfalls Zeichen beim Thema Flüchtlinge gesetzt. In den kommenden Wochen will er 50 Migranten nach Rom ausfliegen lassen. Wie der zyprische Innenminister Nicos Nouris am Samstag mitteilte, sollen die ersten 14 Asylsuchenden am 16. Dezember Richtung Vatikan fliegen. (KNA)