Serie: Advent im Kloster – Teil 3

Wie der Advent im Kloster mein Leben veränderte

Veröffentlicht am 18.12.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Wie der Advent im Kloster mein Leben veränderte
Bild: © privat

Jerusalem ‐ Für Schwester Gabriela Zinkl hielt der Advent einst eine ganz besondere Love-Story bereit, die so in Weihnachtsfilmen wohl nur selten erzählt wird. Es war in dieser besinnlichen Zeit, als sie zum ersten Mal das Klosterleben kennenlernte. Schon bald darauf wurde sie selbst Borromäerin – und blickt jedes Jahr dankbar zurück.

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Adventszeit im Kloster – das ist für mich der Anfang meiner ganz persönlichen Love-Story, und zwar in jeder Adventszeit seit meinem Ordenseintritt bei den Barmherzigen Schwestern vom heiligen Karl Borromäus vor sechs Jahren. Das hängt sicher damit zusammen, dass ich die Borromäerinnen, genauer die Schwestern im Konvent "Regina Angelorum" in Jerusalem, im Advent kennengelernt habe. Ich war damals in deren Pilgerhaus Deutsches Hospiz St. Charles zu Gast und habe als Botin ein Geschenk überbracht. Obwohl mein Besuch dort in der ersten Adventswoche nur wenige Tage dauerte, war ich davon so beeindruckt, dass ich ein Jahr später wieder gekommen bin, um für sechs Wochen im "Kloster auf Zeit" mitzuleben, zu beten und die Aufgaben der Ordensfrauen kennenzulernen. Das hat tiefe Spuren in mir hinterlassen, besonders das geschwisterliche Miteinander, das im Wechsel gesungene Stundengebet, die stimmige Feier der Liturgie. Vor allem machten auch die biblischen Lesungen des Advents auf einmal mehr Sinn als je zuvor – und das, obwohl ich doch viele der Jesaja-Stellen und der Evangelien gut kannte, hatte ich sie doch im Theologiestudium an der Universität Wort für Wort aus dem Hebräischen oder Griechischen übersetzt.

"Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt du jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen." (Lk 3,4-6)

Wie der Advent mein Leben veränderte

Plötzlich ging es um alles: Der meint mich. Was, Gott meint mich? Wirklich? – Die klassischen Adventslieder der Gottesdienste taten ihr Übriges. Und so habe ich für Jesus Christus alles stehen und liegen lassen und bin seinem Ruf gefolgt: von der Kirchenrechtlerin, der "Schreibtischtäterin" im Dienst einer Diözese, zur Ordensfrau im Auftrag des Herrn. Nicht lange nach dem Ordenseintritt im August 2015 in unserem Mutterhaus Kloster Grafschaft im Sauerland wurde ich in unseren Konvent nach Jerusalem geschickt, wo ich auch mein Noviziat absolvieren und die ersten Ordensgelübde auf Zeit ablegen durfte.

Jeden Advent denke ich seitdem zurück an den Anfang meines Weges als Borromäerin; wie alles damit begann, dass mich das Hören des Wortes Gottes zu so viel mehr herausforderte und es bis heute tut. Dabei ist der Advent auch bei uns im Kloster nicht unbedingt eine stille Zeit. Aber trotzdem nehmen wir uns in diesen vier Wochen extra die Zeit, innezuhalten und uns besonders vorzubereiten auf das Kommen Jesu, auf seine Präsenz mitten in unter uns. Adventliche Dekoration im ganzen Haus, Chorproben und die legendäre Weihnachtsbäckerei von St. Charles bilden den Auftakt. An den Abenden der vier Adventssonntage treffen wir uns mit unseren Volontären, Gästen und Freunden des Hauses zu Plätzchen, Punsch, Liedern, besinnlichen Texten und unterhaltsamen Spielen. In der Woche vor Weihnachten verbringen wir einige Tage ganz in Stille, feiern Rorate und vertiefen die Texte der O-Antiphonen.

Bild: ©privat

Schwester Gabriela Zinkl hat sich im Advent in das Klosterleben verliebt.

Als Gemeinschaft von acht Schwestern beginnen wir in der Adventszeit wie sonst auch unseren Tag in der Hauskapelle um 6 Uhr mit dem Gesang der Laudes (sonntags um 7.15 Uhr). Nach einer stillen Zeit der geistlichen Lesung folgt die Messfeier, danach ist Frühstück im Schweigen. Gegen 8 Uhr startet jede Schwester zu ihren täglichen Aufgaben. Wir treffen uns wieder zum Mittagessen um 12 Uhr, das mit einer Gebetszeit (kleine Hore) abschließt. Nach einer kleinen Ruhepause und Arbeitseinheit folgen um 17 Uhr Rosenkranz und Vesper. Der Tag endet in der Regel mit dem Gebet der Komplet nach dem Abendessen (18 Uhr) und wird mit Schweigen beschlossen, wenn nicht noch etwas vorzubereiten oder zu erledigen ist. Seit Beginn der Pandemie und dem Ausbleiben der Gäste im Heiligen Land ist es bei uns ein wenig ruhiger geworden, allerdings haben wir auch so gut wie keine Einnahmen.

Auch wir Schwestern machen uns im Advent auf den Weg

Der Advent gibt uns mehr als sonst die Zeit, die Welt und die Anliegen vieler Menschen ins Gebet zu nehmen. Drei Orte spielen für uns dabei in diesen Wochen eine wichtige Rolle und wir sehen sie mit anderen Augen. Der erste bedeutsame Ort ist die große Krippe in unserer Hauskapelle. Mit ihren rund 20 Quadratmetern Fläche und Figuren aus Olivenholz, bis zu einem halben Meter hoch, ist sie ab dem ersten Adventssonntag nicht zu übersehen. Dort zieht alles und jeder vorbei, der in diesen Wochen unterwegs nach Betlehem ist: Schafe, Hirten, Kamele, Hunde, Frauen, die Wasser schöpfen oder Brot backen, später auch die Heiligen Drei Könige. Das ist Kein Wunder, unser Haus liegt schließlich direkt an der Betlehem Road.

Auch wir Schwestern machen uns im Advent ganz praktisch auf den Weg, etwa zu den Benediktinern der nahe gelegenen Abtei Dormitio auf dem Berg Zion, wo wir am Abend gemeinsam Rorate feiern. Die erwartungsvollen Gesänge, Bibeltexte, die Stille wie die ganze Atmosphäre klingen in uns noch lange nach. Nach dem dritten Advent machen wir uns tatsächlich selbst auf den Weg nach Betlehem, das weniger als eine halbe Stunde Autofahrt von uns entfernt ist, hinter der streng kontrollierten Grenzmauer, die Israel und Palästina teilt. In der Geburtsbasilika, die auf Englisch den schönen Namen "Nativity Church" trägt, verweilen wir eine Stunde oder länger zum stillen Abendgebet in der Grotte, dem Ort, wo ein silberner Stern im Boden den Ort der Menschwerdung Jesu markiert. Ohne Besuchertrubel, ohne Zeitdruck, nur zum Beten in Betlehem zu sein, dem "Haus (bet) des Brotes (lehem)", ist auch für uns Ordensfrauen etwas ganz Besonderes. Diesen Abend tragen wir das ganze Jahr hindurch in unserem Herzen. Und so kann es für uns alle und die uns Anvertrauten Weihnachten werden: wenn Christus Mensch wird mitten unter uns.

Von Schwester Gabriela Zinkl