Friedensnobelpreisträger und Erzbischof Desmond Tutu ist tot
Erzbischof Desmond Tutu, Friedensnobelpreisträger und Kämpfer gegen das Apartheid-Regime, ist tot. Er starb am Sonntagmorgen im Alter von 90 Jahren in Kapstadt, wie Staatspräsident Cyril Ramaphosa mitteilte. Tutus Tod sei "ein weiteres Kapitel des Verlustes", mit dem sich die Nation von einer "Generation herausragender Südafrikaner" verabschiede. "Wir beten dafür, dass die Seele von Erzbischof Tutu in Frieden ruht, während sein Geist über die Zukunft unserer Nation Wache steht", so das Staatsoberhaupt.
Obwohl sich Tutu zu seinem 79. Geburtstag im Oktober 2010 offiziell aus der Öffentlichkeit zurückzog, äußerte er sich bis zuletzt kritisch gegen Rassismus und Diskriminierungen in Südafrika und in vielen Ländern der Welt. Nach seinem Rücktritt als anglikanischer Erzbischof von Kapstadt 1996 wirkte der Friedensnobelpreisträger von 1984 als Vorsitzender der südafrikanischen "Wahrheitskommission", die Verbrechen im Apartheid-Staat zwischen 1960 und 1994 aufklären sollte.
Geistlicher und Kämpfer gegen das Apartheid-Regime
Der amtierende anglikanische Erzbischof von Kapstadt, Thabo Makgoba, bestätigte das Ableben seines Vorgängers in einer Videobotschaft. "Während wir seinen Tod betrauern, müssen wir als Christen und Gläubige gleichzeitig das Leben eines tief spirituellen Menschen feiern, dessen Alpha und Omega die Beziehung zu unserem Schöpfer war", so Makgoba. Tutus Glaube habe seinen Einsatz gegen die Rassentrennung und das Apartheid-Regime motiviert, sagte der Erzbischof von Kapstadt. "Er wollte, dass alle Menschen dieser Erde jene Freiheit, den Frieden und die Freude erleben, die wir erfahren, wenn wir einander als Menschen begegnen, die nach Gottes Ebenbild geschaffen sind." Weil er daran glaubte, habe Tutu "niemanden gefürchtet", so Makgoba: "Er kämpfte gegen Systeme, die die Menschlichkeit erniedrigten."
Auch Papst Franziskus würdigte Tutu für dessen Engagement gegen Rassismus gewürdigt. Der Papst sei betrübt über den Tod des Südafrikaners, heißt es in einem Beileidstelegramm von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Darin werden auch Tutus unablässige Bemühungen um Frieden und Versöhnung in seiner Heimat hervorgehoben.
Zahlreiche Weggefährten und politische Führer erinnerten am Sonntag vor allem an Tutus weltliches Wirken. "Während Tutu an erster Stelle ein anglikanischer Priester war, sprengte sein Glaube die Grenzen von Konfession und Religion und nahm alle an, die seine Passion für Gerechtigkeit und Liebe teilten", so die Desmond and Leah Tutu Legacy Foundation. In Johannesburg klagt die "Sunday Times" am Sonntagmorgen, die Welt habe einen "internationalen Streiter für Frieden und Versöhnung" verloren. "Aber für Südafrika bedeutet das viel mehr. Das Land hat sein Gewissen und seinen Polarstern verloren, der die Nation seit den 1980ern geleitet hat."
Als erster Schwarzer anglikanischer Bischof von Johannesburg
Tutu wurde am 7. Oktober 1931 in der Bergbaustadt Klersdorp/Transvaal geboren. Er war zunächst als Lehrer tätig, gab jedoch seine Stelle 1957 aus Protest gegen die rassistische Bildungspolitik der Apartheid-Regierung auf und entschied sich für eine geistliche Laufbahn in der anglikanischen Kirche. Nach dem Studium in Südafrika und England und der Diakonatsweihe in London arbeitete er dort als Funktionär beim Weltkirchenrat. 1975 wurde er Superintendent in Johannesburg, 1976 Bischof von Lesotho und 1978 Generalsekretär des südafrikanischen Kirchenrates.
1985 wurde Desmond Mpilo Tutu als erster Schwarzer zum anglikanischen Bischof von Johannesburg gewählt, ein Jahr später als erster Afrikaner zum Erzbischof von Kapstadt. Er verwandelte die St.-George-Kathedrale im Herzen der weißen Parlamentshauptstadt zu einer Stätte des Widerstands. Für seinen gewaltlosen Kampf gegen die Rassentrennung in Südafrika wurde Tutu 1984 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet; im selben Jahr wurde er zum Bischof von Johannesburg ernannt. Von 1986 bis 1996 war er Erzbischof von Kapstadt und damit Oberhaupt von rund zwei Millionen Mitgliedern der Anglikanischen Gemeinschaft in Südafrika.
Im November 1995 ernannte ihn der damalige Staatspräsident Nelson Mandela zum Vorsitzenden der "Kommission für Wahrheit und Versöhnung". Diese Aufgabe bekleidete er bis zur Übergabe des Abschlussberichts im Oktober 1998. Zu den Auszeichnungen Tutus zählen der Martin-Luther-King-Preis, das deutsche Große Bundesverdienstkreuz (1996) sowie rund drei Dutzend Ehrendoktorwürden. 2016 erschien Tutus Buch "The Book of Joy" (Das Buch der Freude), das er gemeinsam mit dem 14. Dalai Lama verfasste. (mfi/KNA)
26.12.21, 15:10 Uhr: Ergänzt um Würdigung durch Papst Franziskus.