Gotteshaus war im Zweiten Weltkrieg zerstört worden

AfD für Wiederaufbau von Hamburger Nikolaikirche – Scharfe Kritik

Veröffentlicht am 04.01.2022 um 12:51 Uhr – Lesedauer: 

Hamburg ‐ Kontroverse um die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Hamburger Hauptkirche St. Nikolai: Die AfD in der Hansestadt hat vorgeschlagen, das als Mahnmal erhaltene Gotteshaus wieder aufzubauen. Der Vorschlag erfährt jedoch scharfe Kritik.

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Die AfD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft hat sich für einen Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg zerstörten ehemaligen Hauptkirche St. Nikolai im Zentrum der Hansestadt ausgesprochen. "Die Nikolaikirche teilt das historische Schicksal der Dresdener Frauenkirche. Umso mehr wünschen wir uns, dass auch die heutige Nikolairuine erfolgreich wiederaufgebaut wird", sagte der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Wolf am Montag in Hamburg. Nach Ansicht des Politikers würde ein Wiederaufbau der heute als Mahnmal dienenden Ruine zur Belebung der Hamburger Innenstadt beitragen. "Nicht nur im Sinne eines touristischen Anziehungspunktes und Wahrzeichens – sondern auch als weiteres, hoffnungsvolles Symbol der Versöhnung", so Wolf.

Die AfD begründete ihren Vorstoß in einem Antrag für die Bürgerschaft (Drucksache 22/6731) mit der geplanten Umgestaltung des benachbarten Hopfenmarkts. Der bislang als Parkplatz benutzt historische Platz soll nach Angaben der Stadt ein neues Gesicht bekommen und zu einem Ort mit hoher Aufenthaltsqualität werden. Im Zuge der Umgestaltung solle auch die rund 1.000 Jahre alte "Neue Burg" freigelegt werden und ein "Archäologisches Fenster" entstehen. "Unsere Hansestadt verdient eine angemessene Würdigung seines archäologischen und kulturhistorischen Erbes. Mit dem unterirdischen Museum findet der Hopfenmarkt archäologische Würdigung – mit dem Wiederaufbau der neugotischen Nikolaikirche hätten wir parallel dazu die kulturhistorische Würdigung", sagte Wolf.

Holocaust-Überlebender: AfD-Pläne sind "Schwachsinn, ekelhaft"

Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung stößt der Antrag der AfD zum Wiederaufbau der Nikolaikirche auf scharfe Kritik. Der Hamburger Holocaust-Überlebende Ivar Buterfas nannte die Pläne in der Zeitung "Schwachsinn, ekelhaft". Das Mahnmal der zerstörten Kirche müsse ein "Bollwerk gegen die Rechten" bleiben, so der Initiator des 1987 gegründeten Förderkreises "Rettet die Nikolaikirche". Der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft, Dirk Kienscherf, sagte zu den AfD-Plänen: "Geschichtsvergessen und gefährlich! Gerade der nicht erfolgte Wiederaufbau zeigt, wozu Naziherrschaft, Krieg und Terror geführt haben."

Die in ihren Anfängen auf das Jahr 1195 zurückgehende und 1874 im neugotischen Stil neu errichtete Nikolaikirche wurde am 28. Juli 1943 im Rahmen der "Operation Gomorrha" durch alliierte Luftangriffe schwer beschädigt. Das Dach stürzte ein und verwüstete den Innenraum. Die Wände bekamen Risse, blieben aber weitgehend stehen, ebenso der Turm. Nach dem Krieg beschloss der Hamburger Senat, die Kirche nicht wieder aufzubauen. Heute dient das ehemalige Gotteshaus stattdessen als Mahnmal und Erinnerungsort für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. (stz)