Auch nach Missbrauchsgutachten seien Beschuldigte weiterhin im Domkapitel

"Versagen des Systems": "Maria 2.0" warnt vor Fixierung auf Woelki

Veröffentlicht am 17.01.2022 um 11:40 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Am Wochenende hatte es im Diözesanpastoralrat eine kontroverse Debatte über die Rückkehr von Kardinal Rainer Maria Woelki gegeben. Die Reforminitiative "Maria 2.0" warnt jetzt davor, sich zu sehr auf den Kardinal zu fixieren: Es gehe um das System.

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Anlässlich der Diskussionen um die Rückkehr von Kardinal Rainer Maria Woelki in das Erzbistum Köln hat die Reforminitiative "Maria 2.0" vor einer Fixierung auf den Kardinal gewarnt. "Im Prozess gegen den Priester Ue., der wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger vor Gericht steht, müssen auch hohe Amtsträger wie Günter Assenmacher, der inzwischen beurlaubte Leiter des Kirchengerichts, und Stefan Heße, der amtierende Erzbischof von Hamburg, als Zeugen aussagen", betonte die Sprecherin der Initiative Bernadette Rüggeberg laut einer Pressemitteilung vom Montag. "Beide haben in ihren jeweiligen Funktionen vertuscht und somit dazu beigetragen, dass weitere Opfer geschädigt werden konnten. Es geht um ein Versagen des Systems."

Woelki stehe durch seinen umstrittenen Führungsstil und seinen Umgang mit den Missbrauchsgutachten für die Erzdiözese zwar zu Recht im Fokus der öffentlichen Empörung, so Rüggeberg. Darüber dürfe aber nicht vergessen werden, dass mit Dominikus Schwaderlapp, Günther Assenmacher und Ansgar Puff drei Kleriker bei vollen Bezügen im Domkapitel vertreten seien, denen im Missbrauchsgutachten der Kanzlei Gercke im März 2021 Pflichtverletzungen im Umgang mit Tätern sexualisierter Gewalt nachgewiesen wurden. "Uns allen ist klar, dass es jedoch nicht nur um Personalien geht, sondern dass ein gesamtes System zur Disposition steht", sagte Maria Mesrian, ebenfalls Sprecherin von "Maria 2.0".

Kardinal Woelki befindet sich seit Oktober in einer mit Papst Franziskus vereinbarten Auszeit. Am 2. März will er seine Tätigkeit als Kölner Erzbischof wieder aufnehmen. Die Diözese steckt seit Monaten in einer Vertrauenskrise, die vor allem mit der Missbrauchsaufarbeitung zu tun hat. Am Freitag und Samstag wurde laut Angaben des Erzbistums in einer "intensiven, teils kontrovers geführten Debatte" im Diözesanpastoralrat über mögliche Szenarien nach der Rückkehr von Kardinal Woelki diskutiert. Einig sei sich das Gremium darin gewesen, dass es ein "Weiter so" nicht geben dürfe und dass "klare Signale für einen Neuanfang" gesetzt werden müssten. Weihbischof Rolf Steinhäuser, der in der Zeit von Woelkis Abwesenheit als Apostolischer Administrator das Erzbistum leitet, erhielt vom Diözesanpastoralrat demnach ein anonymes Stimmungsbild zur Rückkehrfrage. Er sagte zu, das Ergebnis nach Rom zu übermitteln. Dort werde er in absehbarer Zeit über die Lage in Köln berichten. (cbr)