Kanonistin fordert Grundrecht auf Datenschutz im Kirchenrecht
Die Luzerner Kirchenrechtlerin Martina Tollkühn schlägt anlässlich des Europäischen Datenschutztags eine Verankerung des Grundrechts auf Datenschutz im Universalkirchenrecht vor. In einem Beitrag für die Fachzeitschrift "Nomok@non" (Freitag) weist die Kanonistin darauf hin, dass der im Codex Iuris Canonici (CIC) bereits jetzt festgeschriebene Schutz des guten Rufs und der Intimsphäre den Persönlichkeitsschutz nicht vollständig rechtlich abbilden könne. Aktuell gibt es keine gesamtkirchlichen Vorgaben zum Datenschutz, was auch immer wieder beklagt werde. Dem könne man begegnen, indem zusätzlich der Schutz persönlicher Daten aufgenommen werde. Außerdem brauche es ein universalkirchliches Recht auf Information der Gläubigen.
Bisher regelt can. 220 CIC/1983, dass niemand den "guten Ruf, den jemand hat, rechtswidrig schädigen und das persönliche Recht eines jeden auf den Schutz der eigenen Intimsphäre verletzen" darf. Nach Auffassung Tollkühns sollte dieser Kanon um den Satz "Die persönlichen Daten sind Teil der Intimsphäre" ergänzt werden. Außerdem solle ein weiterer Absatz ergänzt werden mit dem Inhalt "Die Gläubigen haben das Recht und die Pflicht auf Information vorbehaltlich der Vorgaben gemäß c.220 §1 CIC/1983".
Schon Zweites Vatikanum kannte Recht auf Privatsphäre
Auch wenn Datenschutzrecht nach heutigem Verständnis erst in den 1970er Jahren entstanden ist, sieht Tollkühn in den Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) ein "Bewusstsein für den Schutz der Privatsphäre" grundgelegt. Die Pastoralkonstitution "Gaudium et spes" benennt ein "Recht auf guten Ruf, Ehre und auf geziemende Information" sowie "auf Schutz seiner privaten Sphäre" (GS 26). Das werde auch in der nachkonziliaren Pastoralinstruktion "Communio et progressio" (1971) aufgegriffen, so Tollkühn: "Die einzelnen Rechte stehen allerdings, wenn auch in einer zusammengehörigen Aufzählung, nur unverbunden – eben als Aufzählung – nebeneinander und werden nicht als ein Konzept verstanden."
Der Europäische Datenschutztag findet seit 2007 jährlich am 28. Januar statt und erinnert an die Unterzeichnung der Europäischen Datenschutzkonvention am 28. Januar 1981. Das Übereinkommen des Europarats ist das erste internationale Abkommen über Datenschutz. Mittlerweile sind ihm 55 Staaten auch außerhalb Europas beigetreten, nicht jedoch der Heilige Stuhl. Der Staat der Vatikanstadt hat keine gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz, in ihm gelten weder die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) noch das Datenschutzdekret der Italienischen Bischofskonferenz. In Deutschland machen unter anderem die katholische und die evangelische Kirche von der Möglichkeit Gebrauch, eigenes kirchliches Datenschutzrecht zu erlassen, anzuwenden und zu beaufsichtigen. (fxn)