Neue Aufarbeitungskommission eingesetzt

Bistum Magdeburg: Es wird kein umfassendes Missbrauchsgutachten geben

Veröffentlicht am 03.02.2022 um 12:45 Uhr – Lesedauer: 

Magdeburg ‐ Ein umfassendes Missbrauchsgutachten wie in anderen deutschen Diözesen wird es im Bistum Magdeburg vorerst nicht geben. Bischof Gerhard Feige sagt, warum das so ist. Auch die Besetzung eines Betroffenenbeirats gestaltet sich schwierig.

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Im Bistum Magdeburg wird es nach derzeitigem Stand kein umfassendes Missbrauchsgutachten wie in anderen der 27 deutschen (Erz-)Bistümer geben. Der Grund dafür sei nicht, dass das Bistum "den Ernst der Lage nicht begriffen habe", betonte Bischof Gerhard Feige am Mittwoch. Es könne sich vielmehr eine umfassende Studie mit einem Kostenumfang von mehreren hunderttausend Euro finanziell nicht leisten. Überdies sei ein solches Gutachten nur ein Weg der Aufarbeitung. Mit rund 77.000 Gläubigen ist das Bistum Magdeburg eines der mitgliederschwächsten in Deutschland.

Dennoch verstärkt die Diözese ihre Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch. Feige stellte eine dazu beauftragte Kommission mit fünf Mitgliedern vor, die in keinen Dienstverhältnis des Bistums stehen. Den Vorsitz hat der Psychologe und Pädagoge Wolfgang Stein. Das Gremium soll grundsätzliche Fragen wie ein überhöhtes Priesterbild klären, die Missbrauch in der Kirche ermöglichen.

Eine weitere unabhängige Kommission des Bistums, die seit 2002 Verdachtsfälle von sexualisierter Gewalt an Minderjährigen prüft, setzt ihre Arbeit fort. Für einen geplanten Betroffenenbeirat, wie es ihn in anderen Bistümern gibt, meldeten sich laut Feige bislang keine möglichen Teilnehmer aus dem Bistum. Es werde aber weiter gesucht. Aufgabe eines Betroffenenbeirates ist es, als Expertengremium an der Weiterentwicklung des Umgangs mit Fragen der sexualisierten Gewalt im Bistum mitzuwirken.

Seit 1946 bisher 13 des Missbrauchs beschuldigt Priester bekannt

Für die ehrenamtlich arbeitende Kommission wurden drei Mitglieder vom Land Sachsen-Anhalt benannt, jeweils eine Person vom Katholikenrat, der höchsten Laienvertretung im Bistum, und aus dem Forschungsbereich einer staatlichen Hochschule. "Ständige Gäste" sind der Personalchef des Bistums, Thomas Kriesel, und dessen hauptamtliche Präventionsbeauftragte Lydia Schmitt.

Stein kündigte an, die bereits im vergangenen Herbst eingesetzte Aufarbeitungs-Kommission wolle nach eineinhalb Jahren eine Zwischenbilanz ihrer Arbeit und zum Ende ihrer dreijährigen Amtszeit einen Abschlussbericht vorlegen. Sie wolle Strukturen aufzeigen, "die sexuellen Missbrauch ermöglicht, erleichtert oder die Aufdeckung erschwert haben". Von 1994 bis 2006 war Stein Landesvorsitzender des Deutschen Kinderschutzbundes in Sachsen-Anhalt.

Nach Angaben des Bistums wurden seit 1946 auf seinem Kirchengebiet 13 Priester bekannt, die des Missbrauchs beschuldigt werden, überdies mindestens 23 Betroffene. Bis auf einen Geistlichen, der aus dem Priesteramt entlassen worden sei, seien die beschuldigten und teilweise überführten Priester bereits gestorben. Ein staatliches Strafverfahren in dem Fall sei wegen Verjährung der Tat eingestellt worden. Zudem seien in dem Zeitraum zehn Mitarbeitende des Bistums ohne kirchliches Amt, die des Missbrauchs beschuldigt wurden, mit elf Betroffenen bekannt geworden. Die Fälle mit noch lebenden Tatverdächtigen seien seit 1994 an die Staatsanwaltschaft übergeben worden. In "Anerkennung des Leids" zahlte das Bistum bislang 105.000 Euro an Betroffene. Die Beträge liegen zwischen 5.000 und 40.000 Euro. (tmg/KNA)