Staatsanwaltschaft prüft weitere Straftaten im Fall Priester U.
Die Kölner Staatsanwaltschaft will nach Ende des Hauptverfahrens gegen den wegen Missbrauchs angeklagten Priester U. prüfen, ob es rund um den Fall Anhaltspunkte für weitere Straftaten gibt. Sprecher Ulrich Bremer bestätigte am Donnerstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) einen entsprechenden Bericht des "Kölner Stadt-Anzeigers".
Die Prüfung beziehe sich aber nicht auf bestimmte Personen wie den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki oder seinen Generalvikar Markus Hofmann. Nach Abschluss eines Verfahrens habe die Staatsanwaltschaft von Amts wegen regelmäßig zu prüfen, ob sich aus der Hauptverhandlung Erkenntnisse zu weiteren Straftaten ergeben hätten, so Bremer.
Die Zeitung zitiert den Mainzer Strafrechtsprofessor Jörg Scheinfeld, der die Bistumsleitung unter dem Verdacht einer strafbaren fahrlässigen Körperverletzung sehe. So hätten Woelki und Hofmann 2018 und 2019 keine wirksamen Maßnahmen gegen den mutmaßlichen Sexualstraftäter ergriffen. Auch eine vorsätzliche Beihilfe durch Unterlassen komme nach Einschätzung des Strafrechtlers in Betracht, so die Zeitung weiter.
Seit November vor Gericht
Der ehemalige Pfarrer U. steht seit November vor Gericht, weil er in den 1990er Jahren seine drei minderjährigen Nichten zum Teil schwer missbraucht und sich 2011 an einer Elfjährigen vergangen haben soll. In dem Prozess wurde offenbar, dass es mindestens vier weitere mutmaßliche Opfer gibt und U. noch im Jahr 2019 Taten begangen haben soll. Deshalb wurde der Priester vorige Woche überraschend in Untersuchungshaft genommen.
Das Erzbistum Köln erfuhr bereits im Jahr 2010 von Anschuldigungen gegen den Geistlichen, weil damals eine erste Anzeige wegen Missbrauchs gegen U. vorlag. Die Bistumsleitung beurlaubte den Priester zeitweise, die Anzeige wurde dann aber zurückgezogen. Ende 2018 rollte die Erzdiözese den Fall erneut auf. Im April 2019 untersagte sie U. endgültig die priesterlichen Dienste. Zwischen der ersten und zweiten Beurlaubung soll es zu weiteren Taten gekommen sein.
Themenseite: Das Erzbistum Köln in der Vertrauenskrise
Ein erstes Gutachten wird wegen "methodischer Mängel" nicht veröffentlicht. Ein zweites lastet zahlreichen Verantwortungsträgern im Erzbistum Köln Fehlverhalten im Umgang mit sexuellem Missbrauch an – nicht aber dem amtierenden Erzbischof Rainer Maria Woelki. Dennoch kommt die Erzdiözese nicht zur Ruhe.
Im Prozess sagte unter anderem der Euskirchener Kreisdechant Guido Zimmermann als Zeuge aus, der zwischen 2016 und 2019 U's Vorgesetzter war. In diesem Zeitraum habe ihn die Bistumsleitung nicht ausreichend über die Vorgeschichte des Priesters informiert. Daher habe er auch kein Problem darin gesehen, dass U. in seiner Tätigkeit als Priester Kontakt mit Kindern hatte.
U. hat einen Teil der Anschuldigungen eingeräumt
Das Erzbistum betonte auf Anfrage, die Leitung sei ihrer Informationspflicht nachgekommen. Nachdem die Erzdiözese den Fall neu aufgerollt habe, habe Generalvikar Hofmann Zimmermann in einem Telefonat im Dezember 2018 für die Problematik "sensibilisiert" und darauf hingewiesen, dass U. nicht alleine mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt treten dürfe. Zimmermann erklärte gegenüber KNA, er habe ab dem Telefonat alles ihm Mögliche getan, um dies zu gewährleisten. Im April 2019 folgte dann für U. das Verbot priesterlicher Dienste.
Inzwischen hat U. mindestens einen Teil der Anschuldigungen eingeräumt. Bis 8. Februar soll die Staatsanwaltschaft die bekannt gewordenen weiteren Vorwürfe von Zeuginnen mit einer Nachtragsklage in den Prozess einbringen. Am 16. und 17. Februar folgen die Plädoyers, am 24. Februar soll das Urteil verkündet werden. (KNA)
4.2., 11 Uhr: Ergänzt um weitere Erklärung von Zimmermann.