Vor 225 Jahren wurde Haydns Kaiserhymne uraufgeführt
"Gott erhalte Franz den Kaiser, unsern guten Kaiser Franz!" – mit diesem Text erklang 1797 erstmals die Melodie, auf die die Deutschen heute ihre Nationalhymne singen. Damals galt das Loblied Kaiser Franz (1768-1835), der zu jener Zeit noch als letzter Herrscher des zerbröckelnden Heiligen Römischen Reiches amtierte. Wenige Jahre später begründete er das Kaisertum Österreich, das er als Franz I. bis zu seinem Tod regieren sollte.
Das Lied geht zurück auf eine Idee des österreichischen Politikers Graf Franz von Saurau. In einer Zeit, in der sich das habsburgische Kaisertum durch die Ideen der Französischen Revolution und das Machtstreben Napoleons bedroht sah, wollte er der Monarchie zu neuer Stärke verhelfen. Von Saurau beauftragte den Schriftsteller Lorenz Leopold Haschka mit der Dichtung des Textes und Joseph Haydn mit der Komposition der Melodie. Haschka nahm Anleihen bei der britischen Hymne "God save the King", die wie keine andere für eine starke Monarchie steht. Auch Haydn verarbeitete Einflüsse aus England, wo er gerade einen längeren Aufenthalt verbracht hatte.
Am 12. Februar 1797 wurde die neue Kaiserhymne anlässlich des Geburtstags von Kaiser Franz im Wiener Burgtheater uraufgeführt und begeisterte das Volk. Auch der Herrscher zeigte sich mit der Komposition zufrieden und schenkte Haydn zum Dank eine Dose mit dem kaiserlichen Bild.
Eigene Strophe für Sisi
In den folgenden Jahrzehnten wurde der Hymnentext stets dem jeweils amtierenden Regenten angepasst. "Segen Östreichs hohem Sohne, Unserm Kaiser Ferdinand!", hieß es beispielsweise unter Ferdinand I. (1793-1875). Und Franz Joseph I. (1830-1916) wurde mit den Zeilen "Gott erhalte, Gott beschütze Unsern Kaiser, unser Land!" geehrt. Seiner beliebten Gemahlin Elisabeth wurde in dieser Fassung eine eigene Strophe gewidmet – und so erklingt das Lied auch in den berühmten Sissi-Filmen.
Nach dem Untergang des österreichischen Kaiserreichs 1918 hatte die Hymne in ihrer ursprünglichen Funktion erst einmal ausgedient, stand aber weiterhin für den Nationalstolz des Alpenlands. Nun erkoren die Deutschen die Weise zu ihrer Nationalhymne – unterlegt mit einem Text von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben. Der Dichter hatte bereits 1841 das dreistrophige "Lied der der Deutschen" zu der bekannten Melodie geschrieben.
Bei der offiziellen Proklamation der Hymne 1922 hob Reichspräsident Friedrich Ebert besonders die dritte Strophe "Einigkeit und Recht und Freiheit" hervor. Die Nationalsozialisten sangen später dagegen nur die erste Strophe "Deutschland, Deutschland, über alles" und schlossen daran das SA-Lied "Die Fahnen hoch, die Reihen fest geschlossen" an. 1952 kam die Bundesrepublik Deutschland wieder auf die dritte Strophe zurück.
Haydns Vorliebe für die eigene Melodie
Zwischenzeitlich sangen auch die Österreicher ab 1929 die Nationalhymne ihrer Republik "Sei gesegnet ohne Ende" zur Haydn-Melodie. Nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden sie sich jedoch bewusst gegen diese Musik, weil sie zu sehr an die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten erinnerte. Damals erkoren sie "Land der Berge, Land am Strome" auf eine Mozart zugeschriebene Melodie zu ihrer Bundeshymne.
Haydn selbst pflegte eine große Vorliebe für seine Melodie. Er verarbeitete sie noch im Jahr ihrer Entstehung in einem Streichquartett, das später den Beinamen "Kaiserquartett" erhielt. Noch als alter, gebrechlicher Mann quälte er sich zu seinem Klavier, um das Lied zum "Trost" und zur "Ergehung" zu spielen. "Mir ist herzlich wohl, wenn ich es spiele, und noch eine Weile nachher", verriet der Komponist einmal.
Auch Kirchenlieder erklingen mit der Melodie
Die Melodie wurde im Laufe der Zeit mit zahlreichen weiteren Texten unterlegt. So werden etwa die englischen Kirchenlieder "Glorious Things Of Thee are Spoken" und "Praise the Lord! O Heav'ns adore Him" bis heute zu ihr gesungen. Auch der lateinische Hymnus "Tantum ergo" wird gelegentlich mit ihr angestimmt.
In Österreich erklingt die Kaiserhymne heute noch – meist mit dem Text "Gott erhalte, Gott beschütze" – bei feierlichen Anlässen zu Ehre der Familie Habsburg. So war sie etwa 2011 im Wiener Stephansdom zu hören beim Requiem für Otto von Habsburg, dem Sohn des letzten österreichischen Kaisers.