Wo bleibt der Friedensappell des Moskauer Patriarchen?
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Die russische Invasion in der Ukraine hat weltweites Entsetzen hervorgerufen – sowohl in der internationalen Politik als auch bei religiösen Vertretern. Papst Franziskus griff zu einer äußerst ungewöhnlichen Geste, um seinen Wunsch nach einem schnellen Ende des Blutvergießens in der Ukraine auszudrücken und suchte den russischen Botschafter auf – ein eklatanter Bruch mit den diplomatischen Gepflogenheiten. Doch wo bleiben die Friedensappelle von Patriarch Kyrill, dem Kirchenmann, der Putin am nächsten steht? Bislang hat der Oberhirte, der wahrscheinlich am ehesten darauf hindrängen könnte, dass die Waffen in der Ukraine schweigen, keinen nennenswerten Einsatz für den Frieden gezeigt.
Zwar konnte sich der orthodoxe Patriarch aus Moskau am Sonntag in einer Predigt dazu durchringen, zur "Bewahrung" des Friedens zwischen Russland und der Ukraine aufzurufen. Doch gleichzeitig betonte er, die "gemeinsame historische Heimat" beider Staaten sei "vor allen Handlungen von außen zu schützen, die diese Einheit zerstören können". Man dürfe sich nicht "von dunklen und feindlichen äußeren Kräften verhöhnen lassen", fügte Kyrill hinzu. Echtes Interesse am Frieden in der Ukraine sieht anders aus! Denn mit seinen Worten greift der Moskauer Patriarch ein Narrativ Putins auf, dessen Propaganda wiederholt betont hatte, dass die westliche Welt den Krieg in der Ukraine provoziert habe – ein Land, dass nun endlich "entnazifiziert" werden müsse und sowieso keine historische Existenzberechtigung habe.
Der Präsident und sein Patriarch sind seit Jahren durch die gleichen konservativen Interessen eng verbunden und profitieren voneinander: Putin hat die orthodoxe Kirche nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wieder zu einer einflussreichen Akteurin der russischen Gesellschaft gemacht. Kyrill wiederum stützt die Politik des Autokraten durch religiöse Ideologie. Er rief in der Vergangenheit offen zur Wahl Putins auf und nannte seine Präsidentschaft ein "Wunder Gottes". Dabei würde es dem Kirchenmann in der aktuell zugespitzten Situation des Krieges in der Ukraine jedoch gut zu Gesicht stehen, sich zu den christlichen Werten der Nächstenliebe und der Sorge um die Armen zu bekennen und deshalb Putin klar und deutlich zum Frieden aufzurufen. Kyrill wird nachgesagt, ein Kirchenfürst zu sein, der eher an Politik als an Seelsorge interessiert ist. Doch wer die eigenen politischen Interessen oder die seiner Kirche der Botschaft des Evangeliums vorzieht, verrät Jesus Christus, den Fürst des Friedens.
Der Autor
Roland Müller ist Redakteur bei katholisch.deHinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.