Caritas-Präsidentin: Ukraine-Hilfsbereitschaft in Deutschland enorm
Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, sieht eine große gesellschaftliche Hilfsbereitschaft für Frauen und Kinder aus der Ukraine, die sich in Deutschland vor dem Krieg in Sicherheit bringen wollen. "Es melden sich unheimlich viele Privatpersonen in ganz Deutschland, die anbieten, Menschen bei sich aufzunehmen. Das ist wirklich überwältigend", sagte Welskop-Deffaa der "Passauer Neuen Presse" (Freitag).
Es seien vielerorts Kapazitäten für die Notunterbringung vorhanden. Zudem gebe es bei Hilfsorganisationen die Expertise, schnell Notunterkünfte auf die Beine zu stellen. Auch die Spendenbereitschaft sei enorm, so die Caritas-Präsidentin. Das Hilfswerk Caritas international habe so schon 1,2 Millionen Euro an Mitteln für die Caritas Ukraine und für Polen, die Slowakei, Rumänien und Moldawien bereitstellen können. Derzeit noch nicht benötigt würden Sachspenden. Nur wenn vor Ort dazu gezielt aufgerufen werde, sollten Sachspenden bereitgestellt werden. "Im Moment hilft Geld noch am meisten."
Problematisch könne die künftige Wohnraumfrage nach der temporären Unterbringung werden. "Denn in Deutschland fehlt es gravierend an erschwinglichem Wohnraum - das erleben geflüchtete Menschen aus anderen Ländern und Familien mit niedrigen Einkommen ganz akut." Obwohl noch keine Prognosen zu den Flüchtlingszahlen für Deutschland vorliegen, mahnte die Caritas-Präsidentin: "Die Ankunft von Geflüchteten aus der Ukraine verleiht der Wohnfrage zusätzliche Dringlichkeit."
Menschen gehe es nur darum, "sich und ihre Kinder in Sicherheit zu bringen"
In die Nachbarländer der Ukraine flüchten derzeit hauptsächlich Frauen und Kinder, die Männer müssen als Wehrpflichtige im Land bleiben. Welskop-Deffaa geht davon aus, dass viele hoffen, dass die russische Aggression schnell gestoppt werde und sie zurück könnten. "Ich würde die Vermutung wagen, dass die allerwenigsten sich auf den Weg gemacht haben, um in Deutschland oder anderswo ein neues Leben anzufangen – wie könnte das auch sein, wenn der Ehemann, der Vater noch in der Ukraine ist. Im Moment geht es den Menschen lediglich darum, sich und ihre Kinder in Sicherheit zu bringen."
Grundsätzlich gehe es den Menschen aus der Ukraine nicht anders als allen, die vor dem Krieg flüchten: "Sie mussten alles hinter sich lassen, sind materiell und emotional in größter Not, haben Angst und wissen nicht, was die Zukunft bringt."
Gleichzeitig lobte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) die von der EU beschlossene schnelle Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge. "Das ist zur jetzigen Stunde das oberste Gebot", erklärte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp am Freitag in Berlin. "Der Massen-Exodus, ausgelöst durch die russische Invasion, ist nicht mehr aufzuhalten. Wir müssen den Menschen helfen, die völlig unverschuldet Opfer eines ungerechten, völkerrechtswidrigen Krieges geworden sind."
Die EU-Innenminister hatten am Donnerstagabend einmütig eine unbürokratische Aufnahme der Kriegsflüchtlinge vereinbart. Sie gewährt demnach zeitweiligen Schutz, ohne dass ein Asylantrag gestellt werden muss. Von dieser Regelung sollen neben ukrainischen Staatsbürgern auch in der Ukraine lebende Ausländer aus Nicht-EU-Staaten profitieren, ebenso legal sich dort aufhaltende Staatenlose und Familienangehörige. Die Richtlinie sieht vor, dass der Schutz zunächst für ein Jahr gilt und sich zweimal um sechs Monate verlängert.
Inbesondere hob Stetter-Karp die "enorme Hilfsbereitschaft" für die ukrainischen Flüchtlinge in den osteuropäischen Staaten hervor. Polen habe demnach bereits rund 600.000 Menschen aus dem Nachbarland aufgenommen. "Das ist, denkt man an die Auseinandersetzungen um die Aufnahme von Geflüchteten in den letzten Jahren, eine so neue Qualität, dass ich das ganz besonders würdige", so die ZdK-Präsidentin. (cbr/KNA)