Verunsicherung und Unzufriedenheit sind gewachsen

Erzbischof Becker plädiert für Zusammenhalt in der Kirche

Veröffentlicht am 05.03.2022 um 19:01 Uhr – Lesedauer: 

Paderborn ‐ Trotz Verschiedenheit müsse die Kirche zusammen bleiben und dürfe sich nicht "zerstreiten", mahnt der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker. Der Oberhirte schlägt beim Blick auf die Kirche auch selbstkritische Töne an.

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Zum Beginn der Fastenzeit erinnert der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker an den Zusammenhalt in der Kirche. In einem Hirtenbrief ermutigt er, trotz Verschiedenheit zusammen zu bleiben und sich nicht zu "zerstreiten". Angesichts der Ereignisse im Erzbistum, in der Kirche in Deutschland und in der Welt komme es darauf an, "mit Respekt und Wertschätzung" denen zu begegnen, die in der Vergangenheit oft übersehen worden seien und bis heute nicht wahrgenommen würden. Beckers Hirtenbrief wird am Sonntag in den katholischen Gemeinden im Erzbistum Paderborn verlesen.

Er frage sich "sehr selbstkritisch", wie die Unzufriedenheit und Verunsicherung vieler Gläubiger auch in seiner Erzdiözese so rasant anwachsen konnten. Es bestehe eine große Notwendigkeit, "gemeinsam Wege der Umkehr und Erneuerung der Kirche" zu finden und zu gehen. "Ich nehme mich da ausdrücklich nicht aus", betonte Becker.

Der Reformprozess Synodaler Weg habe erste Wegmarken gesetzt, erklärte der Erzbischof und fügte hinzu: "Wir müssen die Dinge beim Namen nennen, und wir dürfen gleichzeitig nicht übersehen, was an Gutem bei uns geschah und geschieht." Dabei dürften Schuld und Verbrechen jedoch nicht relativiert werden.

Nicht mutlose werden

Im Synodalen Weg beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche. Ausgangspunkt ist eine jahrelange Kirchenkrise, die der Missbrauchs-Skandal verschärft hat. In der Debatte geht es vor allem um die Themen Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle der Frauen in der Kirche.

Becker rief die Gläubigen auf, nicht mutlos zu werden und sich nicht zurückzuziehen. "Ich kann Sie nur bitten, dass ausgesprochen wird, was Sie denken und fühlen, und dass wir dabei barmherzig und gut miteinander umgehen." Er sei dankbar für alle Menschen, die in der Kirche blieben und ihr vertrauten.

Bild: ©Thomas Berberich

Der Würzburger Bischof Franz Jung.

Auch der Würzburger Bischof Franz Jung rief Katholiken dazu auf, sich durch die Krise der Kirche nicht entmutigen zu lassen. "Ich bin überzeugt: Sie machen den Unterschied, wenn Sie Kirche auch und gerade jetzt mitgestalten", so Jung in seinem Fastenhirtenbrief. Er selbst versprach, als Bischof alles zu tun, was in seinen Kräften stehe, um die anstehenden Herausforderungen anzupacken. "Das betrifft die Aufarbeitung des Missbrauchs genauso wie jetzt die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts."

Mahnung zu Respekt

Gleichzeitig mahnte Jung Respekt bei der Reformdebatte in der Kirche an. "Mit Entschiedenheit sind die nächsten Schritte zu setzen, ohne uns gegenseitig das Katholisch-Sein abzusprechen und ohne uns auseinanderdividieren zu lassen." Denn Erneuerung ohne das Bemühen, die Einheit der Kirche zu wahren, führe in die Spaltung, die niemand wolle, so der Bischof. Jesu habe gerade das Böse durch das Gute überwunden. Er habe niemanden beschimpft, nicht zurückgeschlagen, niemandem gedroht. Darin könne er Vorbild sein. 

Mit Verweis auf die Verleugnung Jesu durch Petrus schrieb Jung, Jesus wisse um die Schwäche der Kirche und ihrer Amtsträger von Beginn an. "Und wie Petrus sich nach dem Fall erst bekehren muss, bis er in der Nachfolge Jesu die Kirche leiten kann, so muss auch Kirche sich zuerst selbst bekehren, bevor sie anderen die Umkehr predigt." Nicht die perfekte Kirche, sondern die Kirche, die neu aufbreche, sei die wahre Kirche Jesu Christi. "Ihre Schwäche wird dann zur Stärke, wenn sie sie eingesteht und annimmt und neu beginnt." (cph/KNA)