Bischof Dieser bittet Kirchenaustrittswillige zu bleiben
Vor dem Hintergrund einer Vertrauenskrise fordert der Aachener Bischof Helmut Dieser die Katholiken in seinem Bistum auf, nicht aus der Kirche auszutreten. In einem am Sonntag veröffentlichten Hirtenbrief zum Beginn der Fastenzeit bittet er darum, trotz Zweifeln im Gespräch zu bleiben. Der Bischof verweist auf die kirchlichen Reformprozesse "Heute bei dir" im Bistum Aachen und Synodaler Weg auf Bundesebene. Beide Prozesse hätten erste Ergebnisse gebracht. "Nutzen Sie die Fastenzeit, um die Veränderungen, die damit angestrebt werden, geistlich auf sich wirken zu lassen", ermuntert Dieser.
Die Zerreißprobe, die die Kirche und die Katholiken derzeit durchmachten, sei realer als jeder Krimi, so Dieser weiter. Viele Gläubige verlören ihr Vertrauen in die Kirche und kämen zu dem Schluss, aus der Kirche austreten zu müssen. Er frage jedoch nachdenklich, wohin die Menschen austreten wollten. Nirgendwo drohe kein menschlicher Abgrund, nirgendwo sei etwas endgültig heilig.
In der katholischen Kirche in Deutschland hat vor allem der Missbrauchsskandal zu einer Vertrauenskrise geführt. Vielerorts wurde in den vergangenen Monaten eine erhöhte Zahl von Kirchenaustritten verzeichnet. Das Bistum Aachen hatte 2018 den Reformprozess "Heute bei dir" gestartet. Dabei geht es unter anderem um die Weiterentwicklung von Gemeinden, Personal- und Finanzfragen, künftige Gottesdienstformen, eine geschlechtersensible Haltung sowie Jugendliche in der Kirche. Der Synodale Weg läuft seit 2019 auf Bundesebene. Dabei stehen die kirchliche Sexualmoral, die Lebensform der Priester, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle der Frau im Mittelpunkt.
Hanke für Bekehrung in der Kirche
Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke sieht angesichts des Missbrauchsskandals die Notwendigkeit von Bekehrung in der Kirche. Es brauche konkrete, aber auch geistliche Veränderungen, schreibt Hanke in seinem Hirtenwort. "Wer als Leitungsbeauftragter über Jahre hinweg geistlichen und sexuellen Missbrauch in unserer Kirche bewusst übersehen und vertuscht hat, kann diesen Dienst nicht mehr ausüben." Der Bischof verwies auch auf strukturelle Gegebenheiten, die den Tätern "bei solch grässlichen Taten oft Deckung ermöglichten".
Es brauche eine ehrliche und schonungslose Aufarbeitung der Vergangenheit, forderte Hanke. Gleichzeitig sei der Ruf nach Bekehrung auch immer ein Blick nach vorne. Bekehrung könne nicht verordnet oder beschlossen werden, sie beginne und vollziehe sich immer "zunächst im Kleinen, im Einzelfall und oft fast unsichtbar und unbemerkt". Dabei sei ein Dialog notwendig, der sich "dem Gegenüber" zuwende. Bekehrung sei immer "ein Zueinander, wo vorher ein Auseinanderstreben war". Gleichzeitig bedürfe es "einer tiefen Verankerung in der vertikalen Ebene, in der Gottesbeziehung, im Gebet". (cph/KNA)