Overbeck zur Gefahr eines Atomkriegs: Das hat Apokalyptisches
Der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck hat mit Blick auf den russischen Krieg gegen die Ukraine Sorge vor einer weiteren militärischen Eskalation. "Ich habe echte Angst davor, dass die jetzigen Machthaber in Russland die Kontrolle über sich selbst und die letzte Vernunft verlieren könnten", sagte Overbeck in einem am Freitag veröffentlichten Interview der Zeitschrift "Publik-Forum". Auf die Frage, ob er in dem seit einem Monat andauernden Krieg mit dem Äußersten rechne, fügte der Bischof hinzu: "Ich hoffe es nicht, kann es aber nicht ausschließen." Ein Atomkrieg brächte unermessliches Leid mit sich, das man sich gar nicht ausmalen könne. "Das hat Apokalyptisches", so Overbeck. Er habe sich aber prinzipiell entschieden, nicht aufhören zu wollen, an das Gute zu glauben als eine Kraft, die das menschliche Leben möglich mache.
Zugleich äußerte der Oberhirte die Befürchtung, dass der Krieg noch sehr lange dauern werde. "Das hängt auch mit der Brutalität dieses Angriffskrieges zusammen. Wie sollen beide Parteien da herauskommen, ohne das Gesicht zu verlieren? Ein Friede wird umso schwieriger, je länger der Krieg dauert", so Overbeck. Dass der Westen der Ukraine Waffen zur Verteidigung liefere, könne man mit Blick auf die "praktisch-pragmatische Begründung" ethisch vertreten. "In einem solchen Rahmen verstehe ich das, was jetzt Bündnispartner der NATO für die Ukraine tun", betonte der Bischof. Die Lieferung von Angriffswaffen oder die Einrichtung einer Flugverbotszone lehnte er jedoch ab: "Das könnte der Schritt zu einem Weltkrieg sein."
Mit Blick auf die Ursachen der aktuellen Eskalation warf Overbeck dem Westen und der NATO vor, sich beim Aufbau der Sicherheitsarchitektur nach 1989 zu wenig um die Kultur des Ostens gekümmert zu haben. "Und man hat vergessen, dass der Niedergang des Sowjetreiches in Russland und Osteuropa nicht nur als ein Sieg gefeiert wurde. Die Liberalen haben einfach unterstellt, dass alle glücklich sind, dass der Homo sowjeticus untergegangen ist", erklärte der Bischof. Man habe jene völlig vergessen, die sich als Verlierer fühlten und wirtschaftlich und politisch eine sehr schwere Zeit durchmachen mussten, während sich andere im Namen des Liberalismus schamlos bereichert hätten. (stz)