Eine der längsten Vakanzen ist nun zu Ende

Ulrich Neymeyr ist der Neue

Veröffentlicht am 19.09.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bistum Erfurt

Erfurt ‐ Ulrich Neymeyr wird neuer Bischof von Erfurt. Das gaben der Vatikan und das Bistum Erfurt heute zeitgleich um 12 Uhr bekannt. Mit der Ernennung des Mainzer Weihbischofs zum Oberhirten der Diözese Erfurt geht eine der längsten Sedisvakanzen der vergangenen Jahrzehnte in Deutschland zu Ende.

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Neymeyr wird Nachfolger von Joachim Wanke, der seit 1980 Bischof in Erfurt war und aus Altersgründen zum 1. Oktober 2012 durch Papst Benedikt XVI. von seinen Aufgaben entbunden wurde. Seitdem führte Weihbischof Reinhard Hauke das Bistum als Diözesanadministrator. Nur wenige Tage fehlten noch, dann wäre der Erfurter Bischofsstuhl zwei Jahre unbesetzt gewesen. In der ostdeutschen Diözese deuteten Spötter das Motto der diesjährigen Bistumswallfahrt "Träum weiter" bereits um zu "Träum weiter von einem neuen Bischof". Doch nun ist die Zeit des Übergangs vorbei.

Der künftige Erfurter Bischof wurde am 12. August 1957 in Worms geboren und studierte an der Johannes Gutenberg-Universität Philosophie und Katholische Theologie. Seine Priesterweihe empfing Neymeyr am 12. Juni 1982 vom Kardinal Hermann Volk. Anschließend wirkte er als Kaplan in verschiedenen Gemeinden in Mainz. Aufgrund seiner guten Examensleistungen wurde er allerdings bald für ein Promotionsstudium freigestellt, das er 1987 mit einer Dissertation über die christlichen Lehrer im zweiten Jahrhundert abschloss.

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Subregens im Mainzer Priesterseminar

Anschließend ernannte ihn der Mainzer Bischof Karl Lehmann zum Subregens und Ökonom des Mainzer Priesterseminars. Doch nicht nur in der Ausbildung von Seelsorgern hat Neymeyr Erfahrung: Sechs Jahre später wurde er mit der Leitung zweier Pfarrgemeinden in der "Opelstadt" Rüsselsheim betraut. Dort gehörten neben der Gemeindeseelsorge auch die Arbeiterpastoral sowie der christlich-islamische Dialog zu seinen Arbeitsschwerpunkten.

Am 20. Februar 2003 ernannte Papst Johannes Paul II. Neymeyr zum Titularbischof von Maraguia und zum Weihbischof in Mainz. Am 21. April desselben Jahres empfing er zusammen mit Weihbischof Werner Guballa im Mainzer Dom die Weihe. Seitdem war er in der Diözese als Bischofsvikar für die Jugend zuständig. In der Deutschen Bischofskonferenz ist er zudem Mitglied der Jugendkommission und der Publizistikkommission.

Nach seinem Kirchenbild gefragt, verweist Neymeyr auf seine Amtseinführung als Pfarrer in Worms im September 2000. Damals erklärte er in seiner Predigt: "Kirche ist die Einladung Gottes an die Menschen, die Einladung, mit Gott durchs Leben zu gehen. Wenn glaubende Menschen die Einladung Gottes annehmen, wenn sie sie leben und feiern, dann werden sie selbst einladend, dann richten sie die Einladung Gottes an die Menschen aus, dann sind sie Kirche." Dies unterstreicht auch sein Wahlspruch, den er sich zu seiner Bischofsweihe ausgesucht hat: "Christus suscepit nos" ("Christus hat uns angenommen").

Mit dem Wechsel nach Erfurt wird Neymeyr den Kontakt in seine Heimat aber nicht aufgeben müssen – immerhin gehörte das Gebiet des heutigen Bistums Erfurt lange Zeit zur Diözese Mainz. Viele Mainzer Weihbischöfe residierten in Erfurt und verwalteten von dort aus die thüringischen Gebiete der Diözese. Erst 1994 erhob Papst Johannes Paul II. Erfurt zu einem eigenständigen Bistum. Neymeyr ist somit erst der zweite Bischof, der die Diözese Erfurt leitet.

Einer der Gründe für die lange Sedisvakanz ist auch der Pontifikatswechsel

Die Ernennung des neuen Oberhirten erfolgt auf Grundlage des sogenannten Preußen-Konkordats, das noch heute für die Bistümer auf dem früheren preußischen Gebiet gilt. Nach diesem Vertrag wählt das Domkapitel den Bischof aus einer Liste mit drei Namen, die dem Gremium vom Vatikan übermittelt wird.

Als einer der Gründe für die lange Sedisvakanz in Erfurt gilt der Wechsel an der Spitze der katholischen Kirche von Papst Benedikt XVI. zu Papst Franziskus. Zudem sollen ein oder sogar zwei bereits vom Domkapitel gewählte Kandidaten das angebotene Amt abgelehnt haben. Unbestätigten Berichten zufolge standen auch der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und der Berliner Weihbischof Matthias Heinrich zur Wahl.

Von Markus Kremser

Vier Fragen an Ulrich Neymeyr

Frage: Kennen Sie Erfurt eigentlich? Neymeyr: Meine Großeltern mütterlicherseits stammen aus Thüringen (Pößneck und Sonneberg). Sie zogen dann nach Mannheim. Während des Krieges war meine Oma zusammen mit meiner Mutter und meinem Onkel bei Verwandten in Stadilm. Diese Verwandten habe ich 1973 zusammen mit meinen Schwestern besucht und war damals zum ersten Mal im Erfurt. Als Subregens im Mainzer Priesterseminar habe ich im Mai 1992 an der Jugendwallfahrt in Erfurt teilgenommen. Als Weihbischof war ich dreimal in Erfurt: Im November 2009 bei einer Sitzung der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz, im April 2011 bei der Jahrestagung der Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte und beim Papstbesuch im September 2011. Frage: Erfurt hat ja früher zum Erzbistum Mainz gehört, aber auch zu DDR-Zeiten gab es immer Kontakte und bis heute gibt es unter anderem einen regelmäßigen Austausch der diözesanen Räte. Werden sich diese Verbindungen jetzt noch intensivieren? Neymeyr: Als Mainzer Leiter der Jugendseelsorge bin ich für das Jugendhaus Don Bosco zuständig, das bei vielen Erfurtern gute Erinnerungen weckt, weil von dort aus viele Beziehungen nach Erfurt geknüpft wurden. Sie sind untrennbar mit dem Namen Prälat Hermann Mayer verbunden. Auch heute gibt es - wie auch schon in der Geschichte lange vor der DDR - viele gute Kontakte zwischen Mainz und Erfurt. Ich werde diese Verbindung - ob ich will oder nicht - dadurch bestärken, dass meine Sprache rheinhessisch geprägt ist. Da mein Vater in Naumburg an der Saale aufgewachsen ist, verstehe ich auch problemlos Sächsisch. Und ich bin zuversichtlich, auch mit dem Thüringischen zurecht zu kommen. Bis jetzt habe ich bei Besuchen keinen Dolmetscher gebraucht, und sollte ich doch etwas nicht verstehen, setze ich auf die Freundlichkeit der Thüringer und frage einfach nach. Frage: Wie werden Sie sich auf Ihre neue Aufgabe vorbereiten? Die Diaspora-Situation der Katholiken ist in Erfurt eine ganz andere als in Mainz. Neymeyr: Ich habe nicht viel Zeit mich vorzubereiten. Ich muss in den kommenden Wochen meine Aufgaben hier in Mainz gut abgeben. Ich weiß, dass die kirchliche und gesellschaftliche Situation in Thüringen ganz anders ist als die in Rheinland-Pfalz oder Hessen. Deswegen werde ich im Bistum Erfurt erst einmal hören, sehen und lernen. Frage: Wie haben Sie von Ihrer Wahl erfahren und wie lange haben Sie überlegt, bis Sie zugesagt haben? Neymeyr: Von meiner Wahl habe ich am Abend des vergangenen Freitags (12.9.14) erfahren – während des Dialogforums "Im Heute glauben" in Magdeburg. Am Sonntag haben mich Dompropst Arndt und Domkapitular Hübenthal besucht. Ich hatte dann noch Bedenkzeit bis Montagabend.

Stichwort: Bistum Erfurt

Das Bistum Erfurt erstreckt sich über den größten Teil Thüringens. Ihm gehören rund 152.000 Katholiken an, das sind knapp acht Prozent der Bevölkerung. Stark katholisch geprägt ist nur das Eichsfeld im Nordwesten des Landes. Der heilige Bonifatius gründete im Jahre 742 ein erstes Bistum Erfurt, das nur wenige Jahre bestand. Danach kam das Gebiet für mehr als ein Jahrtausend zum Erzbistum Mainz. Nach 1930 gehörte es zu den Diözesen Fulda und Würzburg, deren Bischöfe durch die deutsche Teilung ihre Amtsvollmachten jedoch immer weniger ausüben konnten. Deshalb wurde 1973 von Papst Paul VI. ein Apostolischer Administrator für das Bischöfliche Amt Erfurt-Meiningen eingesetzt, der direkt dem Vatikan unterstellt war. Seit 1981 hatte Bischof Joachim Wanke dieses Amt inne. 1994 wurde er dann erster Bischof des Bistums Erfurt, das im selben Jahr im Rahmen der Neuorganisation der katholischen Kirche nach dem Ende der DDR wieder gegründet wurde. 1997 schlossen der Heilige Stuhl und der Freistaat Thüringen einen Vertrag. Er regelt das Verhältnis von Staat und katholischer Kirche in dem Bundesland. Seit Wankes Amtsverzicht im Oktober 2012 leitet Weihbischof Reinhard Hauke das Bistums übergangsweise bis zum Amtsantritt eines neuen Bischofs. (KNA)