Ex-Chef von Katholikenkomitee ist heute Präsident von NRW-Kulturstiftung

Mit Wissensdurst und Tatendrang: Thomas Sternberg wird 70

Veröffentlicht am 19.04.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Theologe, Kunstexperte, Politiker: Thomas Sternberg gilt als ausgesprochen vielseitiger und tatkräftiger Mensch. Morgen wird der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken 70 Jahre alt. Ein Porträt.

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Professor und Politiker, Bäcker-Geselle und fünffacher Familienvater. Der Lebenslauf von Thomas Sternberg ist bunt. Sechs Jahre lang - von 2015 bis 2021 - hat der Münsteraner als Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) für Reformen in der Kirche gekämpft. Nach dem für viele überraschenden Rückzug hat er noch einmal eine neue ehrenamtliche Aufgabe übernommen: Er ist Präsident der Kunststiftung NRW und mitverantwortlich für die breite Kunstszene zwischen Rhein und Weser, die die Stiftung mit jährlich elf Millionen Euro fördert. Am 20. April wird der Professor für Kunst und Liturgie 70 Jahre alt.

"Seit meiner Kindheit gehören die Künste zum Lebensinhalt", zeichnet der Sauerländer einen roten Faden in seinem Lebenslauf. Schon als Kind habe er auf der Karl-May-Naturbühne in Elspe Schillers Wilhelm Tell gesehen, als Jugendlicher sei er regelmäßig zu den Ruhrfestspielen nach Recklinghausen gefahren. "Nach dem Studium habe ich mich Jahrzehnte mit Kunst beschäftigt und Kulturpolitik gemacht. Jetzt Präsident der Kunststiftung NRW sein zu dürfen, ist ein bisschen, als käme ich nach Hause."

Vom Bäcker zum (Kirchen-)Politiker

Sternberg stammt aus einer Bäckerfamilie im heutigen Lennestadt-Grevenbrück und wollte den elterlichen Betrieb übernehmen. Doch aus gesundheitlichen Gründen musste er sich nach der Gesellenprüfung neu orientieren und machte über das Abendgymnasium das Abitur.

Wissensdurst und Tatendrang: Sternberg studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Theologie in Münster, Rom und Bonn. Mit einer Arbeit über die Lyrik Achim von Arnims wurde er in Germanistik und mit einer Studie über die Sozialeinrichtungen des 4. bis 7. Jahrhunderts im Fach Kirchengeschichte promoviert. Das Auslandsstudienjahr in Rom hat ihn tief geprägt. Über die frühe christliche und byzantinische Kunst kann er jederzeit druckreif reden.

Von 1988 bis 2016 war Sternberg Direktor des Franz-Hitze-Hauses, der Katholisch-Sozialen Akademie des Bistums Münster, die er theologisch und künstlerisch profilierte. Zugleich engagierte er sich in der Politik: ab 1999 als Ratsherr und kulturpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion. Die Kultur beackerte er auch im ZdK und als CDU-Abgeordneter des NRW-Landtags, dem er von 2005 bis 2017 angehörte.

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Thomas Sternberg (l.), ehemaliger Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), und Kardinal Reinhard Marx, Ex-Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), haben den kirchlichen Reformprozess Synodaler Weg 2019 ins Leben gerufen.

Daneben bekleidete Sternberg eine Unzahl an Posten - vom Mitglied im WDR-Rundfunkrat bis hin zum Vorsitz der Annette-von-Droste-Gesellschaft. Auch ist er Gründungsmitglied des Vereins "321: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland".

Als Präsident der Kunststiftung NRW hat Sternberg sich auf die Fahnen geschrieben, NRW als Region der künstlerischen Exzellenz bekannter zu machen. "Insgesamt findet sich in NRW wie in kaum einem anderen Land ein großer Reichtum an Kunst. Zu unserer Identität gehört die Kunst der Nachkriegszeit", sagt er mit Blick auf Namen wie Pina Bausch, Karlheinz Stockhausen oder Gerhard Richter. Zugleich genießt er es, dass der Terminkalender deutlich leerer geworden ist und er nicht ständig und unmittelbar - wie als ZdK-Präsident - auf die neuesten Aufreger-Meldungen aus Rom, Köln oder München reagieren muss.

Kunst und Theologie prägten Sternberg

Zwischen Kunst und Theologie sieht Sternberg eine enge Beziehung. "Sowohl im Kunsterlebnis wie im religiösen Erlebnis macht man sich in seinen Gefühlen und Gedanken frei", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Sich selbst zu übersteigen ist etwas, das in Kunst und der Religion gleichermaßen passiert."

Über seinen eigenen Glauben sagt Sternberg, der weiterhin Delegierter des katholischen Reformprozesses des Synodalen Wegs ist, er sei engagiert und kritisch. Die Liturgie ist ihm wichtig, das Gemeindeleben vor Ort, auch Taize. Zugleich ist ihm klar, dass die Kirche in Deutschland - nicht nur wegen des Missbrauchsskandals - ihre Rolle neu definieren muss.

Der Münsteraner wirbt für einen anderen Blick auf die Kirche. "Wir erschöpfen uns in Selbstkritik. Wir müssten aber auch deutlich machen, warum wir noch gern katholisch sind", sagt er und freut sich, dass es Anzeichen für eine Erneuerung gebe. "Ich erlebe Kirche anders und jenseits von Generalvikariaten und Amtsträgern", unterstreicht er. "Die Gläubigen müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen."

Von Christoph Arens (KNA)