Schwester Regina Greefrath über das Sonntagsevangelium

Wenn aus Furcht Freude wird

Veröffentlicht am 23.04.2022 um 12:45 Uhr – Lesedauer: 5 MINUTEN
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Essen ‐ Vor vielen Jahren erlebte Schwester Regina Greefrath eine ganz besondere Wandlung – an sich selbst: Aus ihren ängstlichen Zweifeln war plötzlich freudiges Vertrauen geworden. Im Sonntagsevangelium wird sie heute wieder Zeugin einer solchen Herzenswende, die Mut macht.

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Impuls von Schwester Regina Greefrath

Ist doch sonst eigentlich immer Thomas, der Zweifler, die heimliche Hauptperson bei dieser Perikope, so wurde mein Blick beim Lesen eher auf ein kleines Stichwort mit großer Wirkung gelenkt: Wandlung.

Manchmal steht man im Leben vor einer Situation und plötzlich ist nichts mehr so, wie es einmal war. Eine Sekunde genügt, um meine kleine Welt aus den Angeln zu heben, um alles auf den Kopf zu stellen, was vorher so geordnet und geregelt war. In einem Augenblick ist die Wandlung vollzogen, oftmals still und heimlich, manchmal auch nachhaltig erschütternd – mal ausgelöst durch eine Erfahrung, mal durch ein Wort, das jemand zu mir sagt, mal durch einen Gedankenblitz.

Eine solche Erfahrung machte ich während meiner Studienzeit in Madrid. Ich war bereits seit einiger Zeit auf der Suche nach meiner Berufung und spürte, dass das Leben in der engeren Nachfolge Jesu eine große Anziehungskraft auf mich hatte. Aber ich war noch nicht so weit, Ja dazu zu sagen.

Bei der Priesterweihe meiner Kommilitonen wurde während der Handauflegung durch die anwesenden Priester ein Lied gesungen, das eine solche Wandlung in mir hervorrief: Más allá de mis miedos, más allá de mi inseguridad quiero darte mi respuesta: "Aquí estoy para hacer tu voluntad…" (in etwa: Trotz meiner Ängste, trotz meiner Unsicherheit, will ich dir meine Antwort geben: Hier bin ich, um deinen Willen zu tun…). Während ich ganz andächtig dieses Lied mitsang, spürte ich mit einem Mal: Das ist DEIN Lied, diese Worte kommen aus deinem Herzen, sie sprudeln nur so aus dir heraus. Ja, es war eine Wandlung – und sie traf mich mit voller Wucht. Da war plötzlich eine Freude, eine Sicherheit, ein Vertrauen in mir, als hätte es vorher nie Zweifel gegeben, ob dieser Weg tatsächlich mein Weg sein könnte. Und mein weiterer Weg war gepflastert mit vielen anderen Erfahrungen dieser Art, Erfahrungen, die Mut machten, ihn weiterzugehen.

Auch bei den Jüngern Jesu ist eine solche Wandlung spürbar: Ihre Furcht war so übermäßig, dass sie sich verbarrikadierten und sich nicht mehr auf die Straße trauten. Doch als Jesus plötzlich unter ihnen ist und ihnen den Frieden wünscht, schlägt ihre Furcht in Freude um. So werden aus den Empfängern der Frohen Botschaft ihre Verkünder. Und ihre Wandlung schlägt Wellen: Immer mehr Menschen kamen durch die Taten und Worte der Apostel zum Glauben an Jesus. (Apg 5,12–16)

So kann dieses Evangelium uns ermutigen, unser Leben Gott anzuvertrauen, uns durch ihn verwandeln zu lassen. "Und es kam der Tag, da das Risiko, in der Knospe zu verharren, schmerzlicher wurde als das Risiko, zu blühen." (Anaïs Nin)

Evangelium nach Johannes (Joh 20,19–31)

Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.

Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

Thomas, der Dídymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.

Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch!

Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.

Die Autorin

Schwester Regina Greefrath CSA gehört dem Orden der Augustiner-Chorfrauen an. Sie unterrichtet am klostereigenen Gymnasium die Fächer katholische Religion und Spanisch und engagiert sich in der AG Berufungspastoral der Orden (AGBO).

Ausgelegt!

Katholisch.de nimmt den Sonntag stärker in den Blick: Wie für jeden Tag gibt es in der Kirche auch für jeden Sonntagsgottesdienst ein spezielles Evangelium. Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bietet katholisch.de nun "Ausgelegt!" an. Darin können Sie die jeweilige Textstelle aus dem Leben Jesu und einen Impuls lesen. Diese kurzen Sonntagsimpulse schreibt ein Pool aus Ordensleuten und Priestern für uns.