Standpunkt

Trotz Taufe durch Frauen: Echte Innovationen fehlen in Kirche

Veröffentlicht am 05.05.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Im Bistum Essen dürfen Frauen seit Kurzem die Taufe spenden. Julia Knop kritisiert daran, dass es sich nur um einen außerordentlichen Dienst handelt, der dem Priestermangel geschuldet ist. Echte Reformen würden weiterhin fehlen.

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Es tut sich etwas in der katholischen Kirche in Deutschland: Frauen taufen. Frauen predigen. Frauen leiten Gemeinden. Zumindest einige wenige in ein paar Bistümern zu besonderen Gelegenheiten. Sie tun dies nicht, weil die römisch-katholische Kirche dem Beispiel der anglikanischen und altkatholischen Kirchen gefolgt wäre und nun auch Frauen weihen würde. Oder weil man erkannt hätte, dass es einfach sinnvoll wäre, dass hauptamtliche Seelsorger:innen Sakramente feiern, das Evangelium verkünden und Gemeinden leiten. Sondern sie taufen, weil ihnen ihr Bischof – zunächst der von Essen, andere werden folgen – das ausnahmsweise gestattet hat. So außerordentlich ihre Beauftragung ist, so außerordentlich bleibt ihre Tätigkeit.

Diese Frauen und Männer werden die Kirche in Deutschland positiv verändern. Gottesdienste werden vielfältiger, die Auslegung des Wortes Gottes reichhaltiger und das Gemeindeleben bunter werden. Das ist wichtig und gut. Aber am ehernen Prinzip, dass Liturgie, Lehre und Leitung in der katholischen Kirche Klerikersache sind, rüttelt bisher kein Bischof. Im Gegenteil: Die zeitliche Befristung der Tauferlaubnis und der reduzierte Taufritus (ohne Chrisamsalbung als "spezifisch priesterliche" Symbolhandlung) zeigen: Die neu beauftragten Frauen und Männer, die künftig taufen werden – voll qualifizierte pastorale Profis, aber kirchenrechtlich "Laien" – übernehmen nur ausnahmsweise, was üblicherweise Kleriker tun. Sie können diese niemals gleichwertig ersetzen. Das soll in jeder Feier sichtbar werden. Dogmatisch und kirchenrechtlich bleibt also alles beim Alten.

Dass in Deutschland nun einige nichtordinierte Frauen und Männer taufen, predigen und Gemeinden leiten, ist aus der Not geboren, nicht aus Einsicht in den Reformbedarf der Kirche. Es werden Ausnahmen von der Regel institutionalisiert – solche, die ohnehin vorgesehen sind. Jede:r kann und darf taufen, wenn Not am Mann ist. Solche Not sieht die Kirchenleitung offenkundig dort, wo Priester fehlen. An echte Innovationen ist dabei nicht gedacht. Sie wären aber dringend geboten, um beispielsweise die regelmäßige Eucharistiefeier vor Ort (wieder) zu beleben oder Krankenseelsorger:innen mit den nötigen sakramentalen Vollmachten für ihren Dienst auszustatten. Doch dazu müsste man Mut zu substanziellen Reformen haben, Ämter zeitgemäß beschreiben, Verantwortung kompetenzgerecht verteilen, vormodernes Standesdenken und geschlechtsbezogene Diskriminierung endlich überwinden. Man müsste die Kirche ins 21. Jahrhundert führen wollen.

Von Julia Knop

Die Autorin

Julia Knop ist Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.