Traditionsreiche Armee arbeitet heute mit modernster Technik

Tag der Schweizer in Rom: Neue Gardisten und neue Botschaft

Veröffentlicht am 07.05.2022 um 10:12 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Der 6. Mai im Vatikan ist schon immer der Tag der Schweizer. In diesem Jahr – wieder in größerem Rahmen – gab es nicht nur die Vereidigung neuer Gardisten zu feiern. Auch die neue Botschaft in Rom wurde vorgestellt und auf ein Großvorhaben geblickt.

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"Ich schwöre, treu, redlich und ehrenhaft zu dienen, dem regierenden Papst Franziskus und seinen rechtmäßigen Nachfolgern ... bereit, wenn es erheischt sein sollte, für ihren Schutz selbst mein Leben hinzugeben." Die Eidesformel, die Gardeseelsorger Pater Kolumban Reichlin in der vatikanischen Audienzhalle vorträgt und den die neuen Gardisten mit der Hand am Gardebanner und erhobener Schwurhand bekräftigen, ist seit Jahren die gleiche.

Wie sie an diesem Freitagabend in ihren bunten Galauniformen das traditionelle Zeremoniell absolvieren, vergisst man schnell, dass der Arbeitsalltag der päpstlichen Personenschützer anders aussieht. Nüchterner und mit modernster Technik. Doch wie gut die Schweizer Tradition und Moderne verbinden können, beweisen nicht nur die traditionell gekleideten Gardisten und ihre modernste Sicherheitstechnik.

Bei der Messe am Morgen im Petersdom trug ein Chor des Gastkantons Nidwalden mit Akkordeon und Blasmusik folkloristisch anmutende Gesänge der Stanser Ländlermesse vor. Doch in dem von Felix Stöckli verfassten Text heißt es im Nidwaldnerdeutsch ganz kosmopolitisch: "Eine Pfarrerin, ein Bauer, der Papst, ein Jude, eine Muslima, ein Mannequin, eine Ordensfrau sind heilig alle seit eh und je, weil Gott sie alle gerne sieht." Ob dies die Offenheit und Toleranz der Eidgenossen ist, die Gardekommandant Christoph Graf abends bei der Vereidigung loben wird?

Viel synodale Gesinnung

Schon zu Beginn der Messe mit Kardinal Mauro Gambetti fragte der Chor: "Sag, wird es auch in der Kirche Tag? Das wird doch wohl nicht sein? Der Geist soll uns, das Volk Gottes und die Hierarchie erleuchten." An so viel synodaler Gesinnung hätte Papst Franziskus seine Freude gehabt.

Er begrüßte die zu vereidigenden Gardisten und ihre Familien am Mittag in der Casa Santa Marta. Dabei gedachte er auch des Ex-Gardisten, der am vergangenen Sonntag in Trun in Graubünden bei einem Unfall durch einen Schuss am Kopf getötet wurde. Der Mann hatte von 2018 bis 2021 bei der Garde gedient und war erst kürzlich in die Schweiz zurückgekehrt.

Ein Gardist der Schweizergarde trägt traditionelle Uniform und Mundschutz
Bild: ©KNA/Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani

Die prächtigen Uniformen der Schweizergarde zeigen eine lange Tradition.

Kurz vorher hatte das Kirchenoberhaupt den Schweizer Bundespräsidenten Ignazio Cassis in Audienz empfangen. Mit ihm sprach er über den Ukraine-Krieg und dessen Folgen. Erst im November hatten Heiliger Stuhl und Eidgenossenschaft in Bern eine Kooperation zum Einsatz für Frieden und multilaterale Konfliktlösung unterzeichnet. "Die muss sich nun bewähren", so Cassis nach dem Treffen mit Franziskus.

Neue Schweizer Botschaft

Für ihn und seine Delegation um Nationalratspräsidentin Irene Kälin und Ständeratspräsident Thomas Hefti war der diesjährige Vatikan-Besuch zudem Gelegenheit, die neue Schweizer Botschaft beim Vatikan zu eröffnen. Mit dem Außenminister des Papstes, Erzbischof Paul Gallagher, enthüllte Cassis die Plakette der "Ambassade de Suisse pres le Saint-Siege" am Eingang der Via Crescenzio 97, nur wenige hunderte Meter vom Vatikan entfernt.

Botschafter Denis Knobel wird im Frühjahr 2023 von seinem bisherigen Sitz in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana nach Rom wechseln. Zuvor müssen die Räumlichkeiten noch den Erfordernissen einer diplomatischen Vertretung angepasst werden. Auf ein anderes Schweizer Gebäude wird man im Vatikan indes noch länger warten müssen: Mit dem Bau der neuen Kaserne der Schweizergarde wird erst nach 2025 begonnen werden können.

Gardisten der Päpstlichen Schweizergarde
Bild: ©KNA/Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani

Die Schweizergarde gibt es seit 1506.

Vatikanstaat und Italien wollen während des Heiligen Jahres 2025, zu dem Rom einige Million Pilger mehr als üblich erwartet, an einer der Hauptpilgerwege zum Petersdom keine Großbaustelle. Es wäre so passend gewesen: eine neue, größere und nachhaltig gebaute Unterkunft für die 135 Gardisten, teils mit Familien, zum 500. Jahrestag des Sacco di Roma im Jahr 2027.

In letzter Sekunde in die Engelsburg

Bei der Plünderung Roms am 6. Mai 1527 durch deutsche und schweizerische Söldner waren 147 Schweizergardisten ums Leben gekommen; die übrigen konnten den damaligen Papst Clemens VII. gerade noch vom Apostolischen Palast in die Engelsburg in Sicherheit bringen. Jährlich gedenkt die Garde am Vorabend der Vereidigung mit einer Kranzniederlegung neben dem Petersdom der getöteten Kameraden von damals.

Am Mittwoch noch hatten Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und der Präsident der "Stiftung für die Renovierung der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde im Vatikan", Jean-Pierre Roth, eine Absichtserklärung unterzeichnet. Die soll das Großprojekt nun endgültig auf den Weg bringen. Sind doch im Vatikanstaat und bei den italienischen Behörden – die Kaserne steht an der Landesgrenze – noch etliche bürokratische Hürden zu nehmen.

Die gemeinsame Finanzierung des Projekts durch Schweiz, Vatikan und private Spender ist nach Angaben von Bundespräsident Cassis gesichert. Das für Herbst geplante Referendum im Kanton Luzern zur Mitfinanzierung der neuen Kaserne der Schweizergarde sieht er als normalen demokratischen Vorgang. Den müsse man abwarten. Er hoffe aber, dass die Kritik an der Finanzierung nur von einer Minderheit geteilt werde.

Die Schweiz wolle alles tun, so Cassis, um das Fortbestehen der Garde zu ermöglichen, "weil das zu unserer Identität gehört. Wir Schweizer brauchen symbolische Elemente, die unsere vier unterschiedlichen Sprachen und Kulturen zusammenhalten." Die Schweizergarde sei eines dieser Symbole.

Von Roland Juchem (KNA)