Klerikale Gemeinschaften dürfen von Nicht-Priestern geführt werden

Papst ermöglicht mehr Laien in Ordensleitungen

Veröffentlicht am 18.05.2022 um 13:46 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Priestermangel in Orden oder Stärkung von Laien? Warum Papst Franziskus es künftig ermöglicht, dass Laienmitglieder Obere in klerikalen Orden werden, verrät er nicht – und ganz frei sind die Gemeinschaften bei Führungspositionen auch jetzt nicht.

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Künftig können auch Ordensmitglieder, die keine Kleriker sind, die Leitung von klerikalen Orden und Gemeinschaften übernehmen. In einem am Mittwoch veröffentlichten Reskript erteilte Papst Franziskus der Ordenskongregation die Vollmacht, nach eigenem Ermessen und in Einzelfällen bei Ordensinstuten und Gesellschaften des apostolischen Lebens päpstlichen Rechts die Ernennung von Laienmitgliedern zum Ordensoberen in Abweichung vom universalen Kirchenrecht zu gestatten. Das Kirchenrecht sieht bislang für ein "klerikales Institut" vor, dass es "unter der Leitung von Klerikern steht" (can. 588 § 2 CIC). Der US-amerikanische Jesuit James Martin, dessen Orden von der Änderung erfasst ist, bezeichnete die Entscheidung als "weiteren wichtigen Schritt gegen Klerikalismus in der Kirche".

Bei den Regelungen wird zwischen Ortsoberen und höheren Oberen wie den Vorstehern von Ordensprovinzen unterschieden. Während Ortsobere vom Ordensoberen selbst ernannt werden können, bedarf die Bestellung von Laienmitgliedern als höhere Obere der Beteiligung der Ordenskongregation. In Gemeinschaften, in denen die höheren Oberen vom höchsten Leiter der Gemeinschaft ernannt werden, muss die Ordenskongregation ihre Zustimmung vorab schriftlich erteilten. In Gemeinschaften, in denen Obere gemäß ihrem Eigenrecht gewählt werden, bedarf es der schriftlichen Bestätigung der Kongregation. Die Kongregation ist in Fällen von höheren Oberen berechtigt, die vom Orden für die Berufung eines Kandidaten vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Die Regelung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.

Papst reformiert regelmäßig Ordensrecht

Die Regelungen gelten für klerikale Institute des geweihten Lebens und Gesellschaften des apostolischen Lebens. Institute des geweihten Lebens sind Gemeinschaften, deren Mitglieder durch öffentliche Gelübde ein Leben nach den evangelischen Räten versprechen. Beispiele dafür sind die großen Männerorden wie Jesuiten und Benediktiner. Gesellschaften des apostolischen Lebens sind den Instituten rechtlich weitgehend gleichgestellt, ihre Mitglieder legen keine öffentlichen Gelübde ab. Beispiele dafür sind die Pallottiner und die Oratorianer.

Als Gesetzgeber befasst sich Papst Franziskus, der selbst Jesuit ist, regelmäßig mit dem Ordensrecht. 2020 hatte er die Freiheit von Diözesanbischöfen bei der Anerkennung von diözesanen Gemeinschaften beschränkt, zuletzt hatte er im Februar mit einer Änderung des Codex Iuris Canonici (CIC) unter anderem die Stellung von Ordensoberen gegenüber Rom gestärkt. Diese Änderungen wurden am 11. Februar unterzeichnet. Dasselbe Datum wird auch bei dem erst jetzt veröffentlichten Reskript angegeben. (fxn)