Ganz oder gar nicht
Am Ende stellt der Richter fest, dass Zapp aus Sicht des weltlichen Gerichts nicht mehr Mitglied der Katholischen Kirche ist. Ganz oder gar nicht: Eine halbe Kirchenmitgliedschaft gebe es für den Staat nicht. Ein Sieg für die Kirche. Doch Zapp ist auch zufrieden. So kompliziert ist der Fall. Zapp will Mitglied der römisch-katholischen "Rituskirche" sein, nicht aber der deutschen katholischen Kirche mit ihrem Kirchensteuersystem, mit ihren Institutionen und Einrichtungen. Deswegen hat er vor Jahren beim Standesamt Stauffen bei seiner Austrittserklärung "Katholische Kirche, Körperschaft des öffentlichen Rechts" angegeben. Dagegen hatte das Erzbistum Freiburg geklagt und in zweiter Instanz Recht bekommen. Der Zusatz sei unzulässig.
Nun hat der sechste Senat in Leipzig wiederum Zapp in diesem einen Punkt Recht gegeben: Die Erklärung mit Zusatz ist zulässig. Nur ist sie trotz dem einschränkenden Zusatz umfassend gültig. Zapp gehört fortan der Kirche nicht mehr an, so das Gericht. Es ist der falsche Sieg für Zapp, könnte man meinen. Doch sein Erfolg ist es, dass alle über ein Problem reden, das zuvor keiner kannte. Wenn jemand mit seiner Kirche unzufrieden ist, kann er nicht den Staat dazu nötigen, ihm bei den innerkirchlichen Angelegenheiten zu helfen. Das ist das Ergebnis des Leipziger Urteils.
Staat bei der Religionsfreiheit gefordert
"Wir spielen den Ball zurück ins Feld der kirchenrechtlichen Auseinandersetzung", hatte der Richter erklärt. Aber weil es auch um die Religionsfreiheit gehe, sei der Staat gefordert, dieses Grundrecht durchzusetzen. Dabei kam das Gericht zu der für Laien möglicherweise verblüffenden Erkenntnis, dass nicht nur der Einzelne sondern auch die Kirche den Schutz der Religionsfreiheit genießt.
Wer austreten wolle, müsse dies können. Dafür habe der Staat gesetzliche Regelungen getroffen. Das sichere die so genannte negative Religionsfreiheit.
Um den Eintritt in die Kirche hingegen kümmere sich der Staat gar nicht. Das gehe bei den Christen allein mit der Taufe. Deswegen kümmere sich der Staat auch nicht darum, welche Qualität eine Mitgliedschaft habe. Und was man durch sie darf oder nicht. Durch die Austrittsregeln des Staates wiederum dürfe eben nicht das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen beschränkt werden. Dies wäre aber der Fall, wenn sich der Staat auf irgendwie geartete Bedingungen oder Einschränkungen einlassen würde, die die innere Verfasstheit der Kirche in Deutschland beträfen.
Kirchensteuer
Da es sich bei der katholischen Kirche in Deutschland um eine Körperschaft öffentlichen Rechts handelt, ist sie berechtigt, Steuern zu verlangen. Die Kirchensteuer erhebt die Kirche aber nicht selber, sondern hat diese Aufgabe auf den Staat übertragen, der sie gemeinsam mit den anderen Abgaben einzieht.Zapp: Der Erzbischof ist am Zug
Die Austrittsmöglichkeit beim Staat gelte ja gerade der Religionsgemeinschaft, weil es um Glaubensfreiheit gehe und um nichts anderes. Wer beispielsweise keine Kirchensteuer mehr zahlen wolle, aber katholisch bleiben wolle, müsse das mit seiner Kirche klären, nicht mit dem Staat. Derjenige mache aber auch eben gar nicht von seinem Recht auf negative Glaubensfreiheit Gebrauch, deswegen interessiere es den Staat auch nicht.
Damit widerspricht das Gericht grundsätzlich der Auffassung Zapps, der Staat dürfe sich nur um die Körperschaft, nicht aber um die Glaubensgemeinschaft kümmern. Zapp verweist dabei immer auf andere Länder, aber das interessierte das Gericht nicht. Auch das ist ein Detail, welches das Gericht der Vorinstanz noch ins Stammbuch schrieb. Was Zapp außergerichtlich von sich gebe, in Interviews oder sonst in der Öffentlichkeit erkläre, dürfe das Gericht nicht interessieren. Es gelte allein seine standesamtliche Erklärung.
Und so wird es weitergehen: Zapp hat nach dem Urteil angekündigt, er selbst empfinde sich immer noch nicht als aus der Glaubensgemeinschaft ausgetreten. Er sei ja nur aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgetreten. Das Gericht habe gesprochen, nun sei der Erzbischof dran, meint Zapp.
Von Volker Resing