In Bautzen feierte gestern eine Oper über Alois Andritzki Premiere

Schräge Bühne, schräge Soli

Veröffentlicht am 13.04.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Kultur

Bautzen ‐ Das Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen hat gestern erstmals die Oper "Chodzic po rukomaj – Auf Händen gehen" gespielt. Das Stück widmet sich dem Leben des seligen Kaplans Alois Andritzki, der vor 100 Jahren - am 13.6.1914 - geboren und am 3. Februar 1943 von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Dachau ermordet wurde. Seine letzten Stunden bilden die Rahmenhandlung, in der der ungewöhnliche Lebensweg des sorbischen Kaplans erzählt wird.

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Die Uraufführung ist eine Koproduktion des Deutsch-Sorbischen Volksheaters und des Sorbischen National-Ensembles. Die Komposition stammt von Ulrich Pogoda. Sieben Jahre hat er sich mit dem Leben Alois Andritzkis beschäftigt und an der Oper geschrieben.

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Video: © MDR

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Auf Händen gehen

Pogoda selbst bezeichnet die Oper als eine Mischung verschiedener Musikgenres. Instrumentale Stücke, die an Filmmusik von Kinofilmen erinnern wechseln sich mit Chorstücken ab. Die Soli der Hauptdarsteller klingen teilweise schräg. Und das ist offensichtlich von Intendant Lutz Hillmann, der die Regie führt, so gewollt. Auch die Bühne, auf der die Schauspieler und Sänger agieren, ist schräg und verdreht sich von Szene zu Szene immer mehr, bis sie schließlich sich zu drehen anfängt und Andritzki, dargestellt von Jurij Schieman, einen aberwitzigen Lauf abverlangt.

Auch auf Händen läuft der Hauptdarsteller durch das Stück. "Alles ist auf einmal anders, wenn man auf Händen geht; die ganze Welt steht Kopf. Das Hirn wird besser durchblutet, Geist und Körper erfahren besondere Belebung", sagt Andritzki. Mit verschiedenen Szenen, so beim Baden im Steinbruch mit seinem Jugendfreund Franz, auf der Fahrt zu den Olympischen Spielen 1936 nach Berlin oder beim Kakaotrinken in Dresden versucht Regisseur Hillmann, exemplarisch ein Bild Andritzkis zu zeichnen.

Szene aus der Oper "Chodźić po rukomaj – Auf Händen gehen" über Alois Andritzki.
Bild: ©Markus Kremser

Szene aus der Oper "Chodzic po rukomaj – Auf Händen gehen" über Alois Andritzki.

Im Visier der Gestapo

Als besonders sportlich, kunstinteressiert und vielseitig talentiert wird der Selige beschrieben, der nur 28 Jahre alt wurde. Mit Reden und Predigten gegen die Ideologie der Nationalsozialisten war Andritzki ins Visier der Gestapo geraten. Auch ein Verhör und die Folter durch Schläge zeigt das Stück. Zitate aus Briefen Andritzkis an Verwandte und Freunde zeichnen ein persönliches Bild des jungen Kaplans. Eva-Maria Zschornack, die das Libretto für das Musikdrama geschrieben hat, hat selbst verwandschaftliche Beziehungen zur Familie Alois Andritzkis.

Die Todesstunde Andritzkis bildet Anfang und Schluss der Inszenierung. In einem imaginären Dialog mit seinem Jugendfreund Franz hadert Andritzki mit seinen Konflikten und Talenten: Seiner Entschlossenheit, seinem Wunsch, ganz für Gott da zu sein, seiner sorbischen Nationalität und seinem Mangel an Demut.

Ausverkaufte Premiere

Der Bischof der Diözese Dresden-Meißen, Heiner Koch, sagte am Rande der Premiere: "Es ist gut, dass ein solches Stück über Alois Andritzki gewagt wird". Neben dem Bischof besuchten rund 400 sorbische und deutsche Zuschauer die ausverkaufte Premierenvorstellung. Viel Applaus und eine ganz besondere Ehre gab es zum Schluss für Ensemble und Orchester: Die Zuschauer sangen den Künstlern ein traditionelles sorbisches Loblied.

Von Markus Kremser

Mehr Information

Die Inszenierung in obersorbischer Sprache wird mit Kopfhörern simultan ins Deutsche übersetzt. Weitere Informationen und Aufführungstermine unter www.theater-bautzen.de .