Schräge Bühne, schräge Soli
Die Uraufführung ist eine Koproduktion des Deutsch-Sorbischen Volksheaters und des Sorbischen National-Ensembles. Die Komposition stammt von Ulrich Pogoda. Sieben Jahre hat er sich mit dem Leben Alois Andritzkis beschäftigt und an der Oper geschrieben.
Auf Händen gehen
Pogoda selbst bezeichnet die Oper als eine Mischung verschiedener Musikgenres. Instrumentale Stücke, die an Filmmusik von Kinofilmen erinnern wechseln sich mit Chorstücken ab. Die Soli der Hauptdarsteller klingen teilweise schräg. Und das ist offensichtlich von Intendant Lutz Hillmann, der die Regie führt, so gewollt. Auch die Bühne, auf der die Schauspieler und Sänger agieren, ist schräg und verdreht sich von Szene zu Szene immer mehr, bis sie schließlich sich zu drehen anfängt und Andritzki, dargestellt von Jurij Schieman, einen aberwitzigen Lauf abverlangt.
Auch auf Händen läuft der Hauptdarsteller durch das Stück. "Alles ist auf einmal anders, wenn man auf Händen geht; die ganze Welt steht Kopf. Das Hirn wird besser durchblutet, Geist und Körper erfahren besondere Belebung", sagt Andritzki. Mit verschiedenen Szenen, so beim Baden im Steinbruch mit seinem Jugendfreund Franz, auf der Fahrt zu den Olympischen Spielen 1936 nach Berlin oder beim Kakaotrinken in Dresden versucht Regisseur Hillmann, exemplarisch ein Bild Andritzkis zu zeichnen.
Im Visier der Gestapo
Als besonders sportlich, kunstinteressiert und vielseitig talentiert wird der Selige beschrieben, der nur 28 Jahre alt wurde. Mit Reden und Predigten gegen die Ideologie der Nationalsozialisten war Andritzki ins Visier der Gestapo geraten. Auch ein Verhör und die Folter durch Schläge zeigt das Stück. Zitate aus Briefen Andritzkis an Verwandte und Freunde zeichnen ein persönliches Bild des jungen Kaplans. Eva-Maria Zschornack, die das Libretto für das Musikdrama geschrieben hat, hat selbst verwandschaftliche Beziehungen zur Familie Alois Andritzkis.
Die Todesstunde Andritzkis bildet Anfang und Schluss der Inszenierung. In einem imaginären Dialog mit seinem Jugendfreund Franz hadert Andritzki mit seinen Konflikten und Talenten: Seiner Entschlossenheit, seinem Wunsch, ganz für Gott da zu sein, seiner sorbischen Nationalität und seinem Mangel an Demut.
Ausverkaufte Premiere
Der Bischof der Diözese Dresden-Meißen, Heiner Koch, sagte am Rande der Premiere: "Es ist gut, dass ein solches Stück über Alois Andritzki gewagt wird". Neben dem Bischof besuchten rund 400 sorbische und deutsche Zuschauer die ausverkaufte Premierenvorstellung. Viel Applaus und eine ganz besondere Ehre gab es zum Schluss für Ensemble und Orchester: Die Zuschauer sangen den Künstlern ein traditionelles sorbisches Loblied.
Von Markus Kremser