Schwester Christina Scuccia im Finale von "The Voice of Italy"

Nonne gewinnt Castingshow

Veröffentlicht am 06.06.2014 um 00:00 Uhr – Von Agathe Lukassek – Lesedauer: 
Italien

Bonn ‐ Auf den ersten Blick mag man nicht glauben, dass diese Frau ein Phänomen ist: Eine kleine junge Nonne im Habit mit schüchternem Gesichtsausdruck und einer unmodischen Brille. Doch wenn Cristina Scuccia den Mund aufmacht und singt, wird klar, warum ihr ganz Italien seit ihrem ersten Auftritt bei der Musikshow "The Voice Of Italy" im März zu Füßen liegt. Am Donnerstagabend stand sie im Finale der Castingshow - und gewann mit 62 Prozent der Zuschauerstimmen!

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Ein Star ist die Ursulinen-Schwester aber nicht nur im italienischen Fernsehen, sondern auch in der Netzgemeinde weltweit. Das offizielle Youtube-Video, das ihren ersten Auftritt zeigt, wurde bislang 50 Millionen mal aufgerufen – und auch weitere Auftritte bekamen Millionen Klicks. Die Videos werden über Facebook massenweise geteilt und auf dem Kurznachrichtendienst Twitter unterhalten sich ihre Fans wie auch Hasser unter dem Hashgtag #SuorCristina (Schwester Cristina) über sie.

Die Nonne und der Rapper

Schon der erste Auftritt der 25-Jährigen hatte es in sich: Denn bei den so genannten Blind Auditions sitzen die Juroren mit dem Rücken zum jeweiligen Kandidaten und konzentrieren sich nur auf die Stimme. Wenn ihnen diese gefällt, drehen sie sich um. Im Fall der singenden Nonne war den Jury-Mitgliedern Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben, als sie sagen, wer da den Hit "No One" von Alicia Keys sang.

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Als ihren Coach für die nächsten Wochen wählte sich Schwester Cristina den Juror aus, der sich als erster nach ihrer Stimme umdrehte: Den italienischen Rapper J-Ax, einen tätowierten Mann mit Mütze, der ständig betont, Atheist zu sein – und der bei fast jedem Auftritt "seiner" Nonne feuchte Augen bekommt. Das ungleiche Duo wird dem TV-Erfolg noch eine Schippe draufgelegt haben, als Scuccia beim staatlichen Sender "Rai2" Hits wie Bon Jovis "Living on a Prayer", "The Time of My Life" aus dem Film "Dirty Dancing" oder "Sally" von Vasco Rossi sang.

In die Casting-Show kam Cristina Scuccia jedenfalls nicht wie die Jungfrau zum Kind: Sie ist ausgebildete Musical-Sängerin. Der größte Wunsch der Sizilianerin sei es immer schon gewesen, eine berühmte Sängerin zu werden, erzählte sie in diversen TV-Interviews. Mit 18 Jahren bewarb sie sich bei der italienischen Casting-Show "Amici", kam aber nicht weit.

In Rom studierte sie daraufhin Kunst, hatte einen Freund - und war dennoch unzufrieden und auf der Suche. Die Wende kam, als Scuccia 2008 davon hörte, dass für ein Musical über Schwester Rosa, die Gründerin des Ursulinenordens, eine Sängerin für die Hauptrolle gesucht wird.

Über ein Musical Ordensschwester geworden

Diese Rolle brachte sie näher zu Gott und zur Kirche. Im Anschluss lässt Scuccia ihre Stimme in der römischen "Star Rose Academy" ausbilden. Die Schule wird von Claudia Koll, einer Schauspielerin, die als Erwachsene wieder zum Glauben gefunden hat, geleitet und ist eine Einrichtung der Ursulinen. Dann folgt das Noviziat in Brasilen und 2012 legt sie die zeitlichen Gelübde der Keuschheit, Armut und Gehorsamkeit ab. Scuccia lebt und arbeitet gemeinsam mit drei weiteren Ordensfrauen in Mailand.

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Ihre Stimme sehe sie nun als eine Gabe Gottes, die sie auch nutzen sollte, betont Schwester Cristina in ihren Fernsehauftritten. Aktiv hatte sie sich nicht bei "The Voice" beworben: Talentsucher hatten sie nach ihrem Sieg bei einem christlichen Musikfestival angesprochen.

Bei den Shows bleibt sie sich und ihren christlichen Werten treu: Nie tritt die Nonne in einem anderen Outfit als in ihrem Ordensgewand auf – und wenn es sein muss, deutet sie schon mal Liedtexte um. Beim 80er-Jahre-Hit "Girls Just Want to Have Fun" von Cyndi Lauper deutet sie mit ihrem Finger gen Himmel, um zu zeigen, welchen Vater sie meint in der Zeile "Oh daddy dear you're still number one" ("Papa, du bist immer noch die Nummer eins").

Lob vom twitternden Kurienkardinal

Sogar aus dem Vatikan gab es Lob für Schwester Cristina. "Recht so! Mögen viele das tun", schrieb der Chef des Kulturrates, Kardinal Gianfranco Ravasi, auf Twitter. Als er ihr, die Bibel zitierend, schrieb, dass jeder seine Gaben zugunsten der Nächsten einsetzen solle, antwortete sie dem Kurienkardinal keck: "Auf der Bühne wurde ich berufen und von der Bühne verkünde ich die Freude der Begegnung mit IHM".

Ihre Zukunft legte die "singende Nonne" schon vor dem Finale in die Hände ihres Ordens: Gefragt, ob es denn mit Plattenverträgen oder Konzerttourneen weiter geht, sagte Scuccia: "Wenn meine Oberinnen Nein sagen sollten, dann werde ich glücklich sein, zu den Kindern in den Gebetssaal zurückkehren zu können". Im Publikum saßen jedenfalls stets einige Mitschwestern, die begeistert zur Musik von "Suor Cristina" tanzten. (Mit Material von KNA)

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Damit hat sie selbst wohl am wenigsten gerechnet: Mit 62 Prozent der Stimmen hat die Ordensschwester Christina Scuccia die Castingshow "Voice of Italy" gewonnen. Schon vom ersten Auftritt an hat sie die Jury und ganz Italien für sich begeistert. Sehen Sie die spannenden Minuten bis zum Sieg bei uns im Video.

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Von Agathe Lukassek