Umfrage: Kirche soll durch Austritte finanziell bestraft werden
Nach einer Umfrage wollen die meisten, die aus der katholischen Kirche austreten, die Institution nicht mehr finanziell unterstützen oder sogar bestrafen. Dieses Motiv gäben neun von zehn Befragten an, wie eine Erhebung des SWR ergab, über die das Magazin "Report Mainz" am Dienstagabend berichtet. Der Austritt erfolge in über 82,6 Prozent der Fälle nicht aus finanzieller Not, hieß es weiter. Für rund 90 Prozent der Befragten seien die Missbrauchsfälle und der Umgang damit der Auslöser für ihren Kirchenaustritt. 55,2 Prozent gaben demnach an, sie könnten auch ohne Kirche religiös sein.
Der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, zeigte sich bei "Report Mainz" besorgt: "Das beunruhigt die Bischöfe, weil die Institution Kirche und der Glaube gehören schon rein theologisch zusammen. Daran müssen wir arbeiten. Und wir hoffen mit unseren Reformprojekten, dass wir Menschen auch wieder in die Kirche zurückholen können." Kopp sagte, die Kirchen würden "nicht viel voller werden, wir werden kleiner werden". Selbstverständlichkeiten einer Volkskirche seien nicht mehr gegeben.
Religionssoziologe Pickel: Das ist etwas, was wirklich neu ist
Der Leipziger Religionssoziologe Gert Pickel sagte, ein Ergebnis der Studie sei, dass bei jenen, die austreten, "jetzt auch Personen dazukommen, die gläubig sind". Pickel: "Das ist etwas, was wirklich neu ist und was man wohl sehr stark mit dem Missbrauch, auch wahrscheinlich mit der Frustration darüber, dass eben diese Anpassung an die Gegenwart, an die Moderne, was Gläubige immer wieder fordern, einfach schlicht und ergreifend nicht hergestellt wird, trotz aller Prozesse." Pickel hatte bei der Erhebung beratend mitgewirkt.
Der SWR befragte Personen, die aus der katholischen Kirche in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausgetreten sind. Die Umfrage läuft laut SWR drei Monate und ist nicht repräsentativ. Veröffentlicht wurde nun ein "Zwischenergebnis". Die Daten wurden demnach in Standesämtern in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erhoben. Ausgetretenen Katholiken sei ein Fragebogen übergeben worden, in dem sie ihre Austrittsgründe anonym mitteilen konnten. Bislang hätten 190 ausgetretene Katholiken die Fragen beantwortet. (KNA)