"Engel auf vier Pfoten": Hunde als wertvolle Begleiter in der Pastoral
Zu einem guten Hirten gehört ein Hund. Seelsorgende haben nicht nur in der Corona-Zeit gute Erfahrungen damit gemacht, ihre Vierbeiner aktiv ins Gemeindeleben einzubinden. Schließlich soll schon Hildegard von Bingen festgestellt haben: "Gib einem Menschen einen Hund, und seine Seele wird gesund".
Pfarrer Rainer Maria Schießler - in München und Umgebung aufgrund einer unkonventionellen Art selbst bekannt wie ein bunter Hund - teilt sein Leben mit der Französischen Bulldogge Pia. Über eine Tierschutzinitiative hat Schießler die ausrangierte und traumatisierte Zuchthündin übernommen. Inzwischen ist Pia zertifizierter Besuchshund beim Münchner Verein "Streichelbande".
"Jetzt ist sie der Pfarrhund, jeder kennt sie", freut sich Schießler. Pia darf - wenn die Menschen das möchten - mit zu Haus- und Krankenbesuchen und ist bei allen Gesprächen dabei. Für den Pfarrer ist die Hündin "ein Engel auf vier Pfoten". Auch vielen Beichten habe sie schon beigewohnt, "aber sie verrät nichts".
Bei so viel Hundeliebe verwundert es nicht, dass bei Schließler auch Hundehalter mit braven Tieren im Gottesdienst willkommen sind. "Bei uns ist es völlig normal, dass die Leute mit ihrem Hund zur Kommunion gehen", sagt der Pfarrer. "Bevor die Leute nicht kommen, weil sie ihren Hund nicht alleine zu Hause lassen möchten, kommt der Hund eben mit in die Kirche." Am ersten Sonntag im Juli wird es dort immer besonders voll, wenn Schießler zur "Viecherlmesse" einlädt. Zu der kommen gern schon mal 500 Tierhalter, darunter auch eine Abordnung des Münchner Tierschutzvereins mit einigen Vierbeinern.
Evangelische Seelsorgende haben in der kontaktarmen Corona-Zeit aus der Not eine Tugend gemacht und Seelsorgespaziergänge mit Hund gestartet. Dem Bad Godesberger Pfarrer Oliver Ploch haben seine rund 20 Termine mit Pfarrhund Musti "viele Sympathien eingebracht". Auch sonst ist der freundliche, helle Mischling oft bei Gesprächen dabei. Er sei dabei "ein schweigender Zuhörer, der Menschen vorbehaltlos Zuneigung entgegenbringt und Herzen öffnet", sagt Ploch. In schwierigen Situationen schaffe er Entspannung. Der alleinlebende Pfarrer weiß seinen Vierbeiner auch als angenehmen Mitbewohner zu schätzen, der "trägt und stärkt".
Plochs Düsseldorfer Kollegin Christina von Bennigsen-Mackiewicz bietet mit ihrer Hündin Ferra ebenfalls Spaziergänge an - für sie in der Corona-Zeit eine gute Gelegenheit, ihre neue Gemeinde kennenzulernen. Im Frühjahr und Sommer 2021 habe die Pfarrerin zwei bis drei Seelsorgespaziergänge pro Woche mit Hund angeboten, jetzt sind es noch zwei bis drei pro Monat. Diese seien "niederschwelliger als ein Gespräch im Pfarrbüro", so die Beobachtung der Seelsorgerin.
Apropos Spazieren: Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige, selbst stolzer Besitzer von Cockerspaniel Willi, kennt durch seine Gassi-Gänge nach eigenem Bekunden nicht nur die Namen sämtlicher Hunde der Gegend, sondern kommt auch regelmäßig mit Menschen ins Plaudern, die ganz fern des katholisch-bürgerlichen Dunstkreises sind. "Ich profitiere von Willi. Keine Ahnung, ob ich ohne ihn so viele Menschen hier kennen würde", sagt Feige.
Auch der Kölner Pastoralreferent Peter Otten ist - über seine Frau - auf den Hund gekommen. Weil die sich lange einen Hund wünschte, zog schließlich Pudeldame Greta in der Familie ein. Inzwischen hat der lebenslustige Vierbeiner auch das Herz des Seelsorgers erobert, wie er jüngst in einer launigen Kolumne des "Publik-Forum" schrieb. Otten sieht Greta nicht nur als "niederschwellige Kommunikationsbrücke", wenn er in seinem Viertel unterwegs ist.
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Otten besucht mit der weißen Hündin jede Woche eine Seniorin aus seiner Gemeinde in einem Altenheim. Die Begegnung mit Greta, die sich über jede Streicheleinheit freut, sei gerade für ältere Menschen eine sehr angenehme Art der Begegnung und Kommunikation - "berühren und berührt werden", sagt Otten. Durch ihre lebenslustige, liebenswürdige und sensible Art öffne sie mit ihren dunklen Knopfaugen auch bei Seelsorgegesprächen viele Türen. Bei Trauergesprächen suche Greta oft den Kontakt zu den Menschen, "als ob sie das Gefühl hat, da braucht mich jemand an seiner Seite". Für Otten ist es "sehr beglückend zu spüren: Der Hund macht einfach was mit Menschen..."
Gelegentlich nimmt der Seelsorger Greta auch mit in den Gottesdienst. An Pfingsten etwa, als Otten den Hund als Beispiel dafür nannte, dass man sich auch verstehen könne, ohne dieselbe Sprache zu sprechen. Greta sei voller mitreißender Lebensfreude und gehe immer offen und unvoreingenommen auf Menschen zu. "Wenn sie freudig angewackelt kommt, ist das wie ein Sakrament", findet der Seelsorger, "Sie müssen nicht viele Worte machen".
Ein Pastoralreferent mit Hund - "die Menschen, die Greta im Gemeindekontext erleben, finden das super", freut sich Otten über die positive Resonanz. Dabei ist aus seiner Sicht noch vieles denkbar, das durch die Anwesenheit eines Hundes bereichert werden könnte, etwa die Erstkommunionvorbereitung. Hunde in der Seelsorge seien aber "leider noch unterrepräsentiert", findet er. Das laufe oft unter dem Radar und werde nicht öffentlich erzählt. Otten möchte das Thema voranbringen. Über Facebook habe er sich bereits lose mit anderen Seelsorgern mit Hund vernetzt.