Von Jesus und anderen barmherzigen Samaritern

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Impuls von Schwester Johanna Domek
Jesus versteht es, die Fragen von Menschen zu hören. Oft hilft er durch Gegenfragen noch weiterzugehen. Der heutige Evangelienabschnitt ist dafür ein großartiges Beispiel, wenn und wie da am Ende der Geschichte die Frage wieder aufgenommen wird. Die bis heute von solchen Fragen gerahmte Geschichte, ist vielleicht die mit der größten Wirkung in die Breite der Welt geworden. Im Zusammenhang jeder Zeit und Kultur findet sie sich in immer neuer Aktualität.
In seinem Song "Desolation Row" von 1965 besingt Bob Dylan ein Elendsquartier und in ihm auch den barmherzigen Samariter im Kontext der rassistischen Lynchmorde 1920 in der Heimat seines Vaters. Zu allen Zeiten und auf allen Erdteilen ist solches Elend zu finden und manchmal ein barmherzigen Samariter mittendrin. Selbst im Jardin des Tuileries in Paris ist er zu sehen als Statue von François Sicard (1862-1934).
Nicht verwunderlich, dass manche von ihnen sich zusammengetan haben, wie z. B. die "Sisters of the Good Samaritan" in Australien. Aber auch im gesellschaftlichen Bereich im politisch und konfessionell unabhängigen "Arbeiter-Samariter-Bund" hat er seit dem Ende des 19. Jahrhunderts für viel Rettungsdienst, soziale Arbeit und Katastrophenschutz Pate gestanden.
Im Blick auf Bilder fand ich das älteste im Purpur-Codex von Rossano, vermutlich in Syrien im 6. Jh. geschrieben. Jesus Christus ist hier der barmherzige Samariter. Auch ostkirchliche Ikonen identifizieren ihn als Jesus Christus. Bis in unsere Tage findet sich die Szene ungezählte Male in Geschichten, in Comics, als Puzzle, als Labyrinthmitte und natürlich auf vielen Bildern.
Bei Rembrandt van Rijn (1606-1696) finden sich Skizzen, Radierungen und Gemälde. Sie nehmen mich in das Gleichnis hinein, in ganz verschiedene Etappen. Da wird der Mensch in seiner Zerschlagenheit gefunden oder aufgesetzt. Da werden seine offenen Wunden verbunden. Er wird aufs Reittier gehoben und begleitet weg vom Ort des Elends. Da wird die Herberge aufgesucht, besprochen was sie dort tun können, wie es weitergehen kann und was das kostet. Seltsam vielleicht, dass die Beiden, die an dem Zerschlagenen vorbeigegangen waren, ohne sich von ihm aufhalten zu lassen, bei Rembrandt nicht dargestellt werden.
Sie sind mir selbst nicht fremd. Es ist leicht, nicht auf das zu schauen, was nah liegt, sondern auf das, was ich vorhabe und erreichen will. Es ist leicht vorbeizulaufen am Leid, sich zu beschwichtigen mit etwas vorgeblich Wichtigem. Es ist leicht, sich in einer Komplexität zu verlieren, die es schwer macht, sich für ein naheliegendes Handeln zu entscheiden.
Jesus wendet in seinem Beispiel den Vergleichspunkt um. Er sagt: Suche nicht einen Nächsten, sei selbst der Nächste. Ich will mich heute von dem, was ich an Beispielen gesehen habe inspirieren lassen und den Tag so leben, dass ich, bevor er zu Ende geht, jemandem ein Nächster gewesen bin.
Evangelium nach Lukas (Lk 10,25–37)
In jener Zeit stand ein Gesetzeslehrer auf, um Jesus auf die Probe zu stellen, und fragte ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?
Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst.
Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach und du wirst leben! Der Gesetzeslehrer wollte sich rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?
Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jéricho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halbtot liegen.
Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging vorüber. Ebenso kam auch ein Levit zu der Stelle; er sah ihn und ging vorüber.
Ein Samaríter aber, der auf der Reise war, kam zu ihm; er sah ihn und hatte Mitleid, ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn.
Und am nächsten Tag holte er zwei Denáre hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme.
Wer von diesen dreien meinst du, ist dem der Nächste geworden, der von den Räubern überfallen wurde? Der Gesetzeslehrer antwortete: Der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle du genauso!