Papst lässt das Erzbistum Straßburg überprüfen
Papst Franziskus hat eine Überprüfung von Vorgängen im Erzbistum Straßburg angeordnet. Ab Montag (27. Juni) finde eine sogenannte Apostolische Visitation statt, teilte die Nuntiatur in Paris (Donnerstag) mit. Anlass seien "Informationen, die der Heilige Stuhl erhalten hat und die die pastorale Leitung der Erzdiözese betreffen".
Als Visitator beauftragt wurde der frühere Sprecher der Französischen Bischofskonferenz, Bischof Stanislas Lalanne von Pontoise. Ihm stehe der emeritierte Sekretär der vatikanischen Klerusbehörde, Joel Mercier, zur Seite. Das elsässische Erzbistum Straßburg wird seit Anfang 2017 von dem Ordensmann Luc Marie Daniel Ravel (65) geleitet; zuvor war er Frankreichs Militärbischof. Zudem gibt es zwei Weihbischöfe, Christian Kratz (69; seit 2000) und Gilles Reithinger (49; seit Juni 2021).
Apostolische Visitatoren sind vom Papst beauftragte, mit besonderen Rechten ausgestattete Prüfer. Sie untersuchen bei innerkirchlichen Konflikten, Finanzskandalen oder vermuteten Rechtsbrüchen in einem Bistum oder in einer Ordensgemeinschaft den Sachstand und bewerten ihn. Die von ihnen Befragten sind laut Kirchenrecht verpflichtet, "vertrauensvoll mit dem Visitator zusammenarbeiten, indem sie auf rechtmäßiges Befragen wahrheitsgemäß" antworten.
Anderes Staatskirchenrecht als im Rest von Frankreich
Visitatoren sind allein dem Papst verantwortlich; ihre Berichte können neben der Feststellung möglicher Missstände auch Handlungsempfehlungen für deren Beseitigung enthalten. Anders als bei der Entsendung eines Päpstlichen Delegaten oder eines Administrators bedeutet die Visitation keine vorübergehende Entmachtung des visitierten Bischofs oder Ordensoberen.
Visitationen sind ergebnisoffen. Je nach festgestelltem Sachstand kann der Papst nach der Visitation durch Ernennung eines Administrators den Übergang der Leitung eines Bistums oder eines Klosters in andere Hände vorbereiten. In Deutschland hatte Papst Franziskus Ende Mai des vergangenen Jahres eine Visitation in des Erzbistums Köln angeordnet und den Stockholmer Kardinal Anders Arborelius sowie Johannes van den Hende, Bischof von Rotterdam und Vorsitzender der Niederländischen Bischofskonferenz, damit beauftragt. Die Visitatoren hatten den Auftrag, sich ein Bild von der "komplexen pastoralen Situation" im Erzbistum zu machen und eventuelles Fehlverhalten im Umgang mit Fällen von sexualisierter Gewalt zu untersuchen. Mitte Juni hatten Arborelius und van den Hende ihre Visitation bereits abgeschlossen. Ihr Bericht wurde im August fertiggestellt, zu den Inhalten ist allerdings nicht bekannt.
Im Elsass und in Lothringen gilt ein anderes Staatskirchenrecht als im Rest von Frankreich, wo die laizistische Dritte Republik 1905 das Konkordat von 1801 aufkündigte und eine strikte Trennung von Staat und Kirche vollzog. Allerdings gehörten Elsass und Lothringen zwischen den Kriegen von 1870/71 und 1914/18 zu Deutschland – so dass das Konkordat dort bis heute in Kraft ist.
Mit der Vereinbarung hatten Napoleon 1801 und der Papst zum Ende des Kirchenkampfes der Französischen Revolution das zerstörte Verhältnis von Staat und Kirche auf eine neue, tragfähige Grundlage gestellt. Katholische, reformierte und lutherische Kirche sowie das Judentum als 1802/08 staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften profitieren so von Staatsgehältern für Geistliche und von Bauzuschüssen. Für Muslime gilt das nicht. (cbr/KNA)