Seit 2005 Antritt einer Pfarrstelle verweigert

Priester nach jahrelangem Protest gegen Vertuschung laisiert

Veröffentlicht am 11.07.2022 um 14:14 Uhr – Lesedauer: 

Oakland ‐ 17 Jahre lang weigerte sich der kalifornische Priester Tim Stier aus Protest gegen mangelnde Missbrauchsaufarbeitung, als Pfarrer zu arbeiten. Nun wurde bekannt, dass er dafür aus dem Klerikerstand entlassen wurde.

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In der US-amerikanischen Diözese Oakland ist der Priester Tim Stier nach jahrelangem Protest gegen die aus seiner Sicht mangelnde Aufarbeitung von Missbrauch aus dem Klerikerstand entlassen worden. Die Organisation BishopAccountability.org, die Missbrauch in der Kirche dokumentiert, veröffentlichte in der vergangenen Woche einen Brief Stiers an die Priester seiner ehemaligen Diözese. Darin berichtet der ehemalige Diözesanpriester von Oakland, er habe Ende Mai erfahren, dass er bereits am 19. März vom Vatikan aus dem Klerikerstand entlassen worden sei. Grund für seine Entlassung sei seine seit 2005 bestehende "hartnäckige Weigerung", eine Pfarrstelle anzunehmen. Nach eigenen Angaben wurde Stier im Jahr 2020 über die Pläne des Bistums informiert, seine Entlassung aus dem Priesterstand zu erwirken, er habe sich aber geweigert, daran mitzuwirken.

Stier hatte nach eigenen Angaben 2005 dem damaligen Bischof von Oakland, Allen Vigneron, mitgeteilt, dass er nicht mit gutem Gewissen eine neue Stelle antreten könne, solange der Bischof nicht bereit sei, in der gesamten Diözese einen öffentlichen Dialog über drei Themen zu führen: "den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Kleriker und dessen Vertuschung durch Bischöfe und ihre Kumpane, die Weigerung der Kirche, die volle Gleichberechtigung von Frauen anzuerkennen und sie zum geweihten Dienst zuzulassen, und die grausame Behandlung sexueller Minderheiten auf der Grundlage einer veralteten Theorie der menschlichen Sexualität", so Stier in seinem Brief. Da der Bischof diesen Dialog verweigert hätte, habe er sich geweigert, eine neue Pfarrstelle anzunehmen, nachdem er zuvor 25 Jahre lang Pfarrer war. Elf Jahre lang demonstrierte Stier jeden Sonntag vor der Kathedrale von Oakland. Dem gegenwärtigen Bischof von Oakland, Michael Barber, wirft Stier vor, insbesondere die Vertuschung durch seinen Vorgänger John Cummins (Bischof von 1977 bis 2003) nicht angemessen aufgearbeitet zu haben.

Stier will katholisch bleiben

Gegenüber der kalifornischen Mediengruppe Bay Area News Group sagte der heute 73-jährige, dass ihn seine Laisierung schlimmer getroffen habe, als er es vermutet hätte. "Ich war traurig und wütend. Wenn ich Kinder vergewaltigt hätte, wäre ich nicht aus dem Club geworfen worden", so der Priester. Als "Katholik durch und durch" wolle er sich aber nicht einer anderen Konfession anschließen. Sein Glaube sei durch die Laisierung nicht erschüttert worden. Auch weiterhin glaube er an Gott, bete täglich und lese in der Bibel. Auch seinen Einsatz für die Opfer werde er weiterhin aufrecht erhalten. "Als Laie kann ich nicht mehr predigen oder Sakramente spenden, aber ich stehe zur Verfügung, um Ihrer Gemeinde die dunkle Geschichte unserer Diözese nahezubringen", heißt es in Stiers Abschiedsbrief an die Priester der Diözese. Das Bistum selbst wird durch die Mediengruppe mit einem kurzen Statement zitiert: "Wir wünschen Herrn Stier alles Gute für diesen neuen Lebensabschnitt."

Laut dem Betroffenennetzwerk SNAP hat das Bistum Oakland über Jahre Informationen über Täter aus den Reihen seiner Priester zurückgehalten. Medienberichten zufolge werden mindestens 64 Priester des Bistums des Missbrauchs beschuldigt, die Diözese selbst hatte laut SNAP zuletzt 45 Täter eingeräumt. Insgesamt hat das Bistum bisher einen hohen zweistelligen Millionenbetrag an Vergleichszahlungen geleistet. (fxn)