Gericht: Theologen ohne Verdacht einzusperren war rechtswidrig
Dass die Polizei Recklinghausen drei Beschäftigte des Münsteraner Instituts für Theologie und Politik (ITP) auf dem Weg zu einer Klimaschutzdemonstration präventiv festgenommen hat, war rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen geurteilt, teilten das Gericht sowie das ITP am Mittwoch mit. Die zwei Theologen und ein Begleiter hatten 2020 zu einer Protestaktion des Bündnisses "Ende Gelände" in der Nähe des Kohlekraftwerks Datteln IV fahren und diese beobachten wollen.
Das Gericht entschied, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Präventivgewahrsam nicht vorgelegen haben. "Die von der Polizei zum Anlass für die Maßnahme herangezogenen Tatsachen (u.a. Kleidung, Mitführen von Verpflegung, Schlafsäcken und einer Stirnlampe, Nähe zur Gruppierung "Ende Gelände") sind nicht ausreichend für die Annahme, dass die Begehung von Straftaten durch die nicht vorbestraften Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmittelbar bevorgestanden hat", heißt es in der Mitteilung des Gerichts. "Die Freiheitsentziehung ist auch nicht unerlässlich gewesen, weil die Kläger sich kooperativ verhalten und keine Schritte unternommen haben, die darauf hindeuteten, dass sie vorhatten Straftaten zu begehen."
"Politische Dimension"
Die Kläger zeigten sich laut ITP froh über das Urteil. Dieses habe "auch eine politische Dimension", sagte die Theologin Julia Lis, eine der Klagenden. "Präventivgewahrsam ist und bleibt eine demütigende polizeiliche Praxis, die menschenrechtlich schwer zu legitimieren ist. Deswegen ist es richtig dagegen vorzugehen und die Einhaltung von Grundrechten im Kontext von Protesten einzufordern." Der Theologe Benedikt Kern vom ITP setzte hinzu: "Es bleibt zu hoffen, dass es künftig keine derartige Repression gegen die Klimagerechtigkeitsbewegung mehr geben wird und stattdessen grundlegende gesellschaftliche Veränderungen möglich werden".
Die drei Personen hatten nach Angaben des ITP "eine Nacht unter erniedrigenden Bedingungen entkleidet in Präventivgewahrsam" verbringen müssen. Einen Tatvorwurf habe es nicht gegeben. Laut Gericht stellt dieses Vorgehen einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention dar. Sobald das Urteil rechtskräftig ist, wollen die Beteiligten Schadensersatzforderungen an das Polizeipräsidium Recklinghausen stellen. (cph)