Theologe zu Gaspreisen: Müssen akzeptieren, dass wir ärmer werden
Der Mainzer Sozialethiker Gerhard Kruip hat vor den gesellschaftlichen Folgen der wegen des Ukraine-Kriegs massiv gestiegenen Gaspreise gewarnt. "Wir müssen akzeptieren, dass wir alle durch die hohen Energiepreise ärmer werden", sagte der Theologe am Samstag im Podcast "Mit Herz und Haltung" der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen. Ein großer Teil der Gesellschaft werde das verkraften können, so Kruip. Eine Herausforderung seien die hohen Ausgaben jedoch für "die knapp 16 Prozent, die schon jetzt von Armut gefährdet oder arm sind".
Aus diesem Grund warb Kruip für direkte Zahlungen des Staates an besonders Betroffene. Die bedarfsabhängigen Sozialleistungen wie Hartz IV, die Grundsicherung im Alter oder das Wohngeld müssten angehoben werden. "Und zwar so schnell wie möglich. Auch eine Anhebung des Kindergeldes wäre sinnvoll." Eine allgemeine Preisdeckelung durch staatliche Subventionen sei nach Ansicht von Kruip der falsche Ansatz. "Von ihr profitieren diejenigen, die besonders viel verbrauchen." Entlastungen müssten so gestaltet werden, dass die hohen Gaspreise weiterhin einen Anreiz setzen würden, weniger Gas zu verbrauchen. Aufgrund der Maßnahmen gegen die Folgen des Klimawandels müsse es Geld kosten, die Erde zu belasten.
Sollte die Gas-Umlage nur von Kunden finanziert werden?
Für den Sozialethiker ist zudem fraglich, ob es gerecht sei, dass die beschlossene Gas-Umlage zur Absicherung von Energie-Unternehmen nur von den Gaskunden finanziert werden soll. Der Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket seien ebenfalls aus Steuern finanziert worden. Bei der Gas-Umlage gehe es um die Finanzierung systemrelevanter Unternehmen für die Daseinsvorsorge, weshalb die Kosten von der Allgemeinheit zu tragen wären. In der aktuellen Energiekrise sieht Kruip eine Chance für den Klimaschutz, die Verteuerung von Erdgas könne ein Segen sein. "Sie beschleunigt nötige Veränderungen, die bisher zu schleppend verlaufen."
Auch die Ölkrisen der 1970er-Jahre hätten gezeigt, "dass höhere Energiepreise zwar Wohlstand kosten, aber Anpassungen möglich machen, die langfristig positive Effekte haben". Diese Chance sei auch jetzt gegeben. Entscheidend sei, dass alle zu Einsparungen bereit seien, die Parteien die Suche nach politischen Lösungen nicht zu Profilierungen missbrauchten und bei allen Maßnahmen "die langfristige Perspektive der sozialökologischen Transformation" nicht aus dem Blick gerate. (rom)