Der Ruhepol im Vatikan: Ehemaliger Papst-Sprecher Lombardi wird 80
Er war Pressesprecher des Papstes unter Benedikt XVI. (2005-2013) und in den ersten drei Jahren unter Franziskus, nun vollendet er sein 80. Lebensjahr: der Jesuitenpater Federico Lombardi.
Sein Vorgänger, Joaquin Navarro-Valls, hat das Amt des päpstlichen Pressesprechers quasi erfunden. Im Pontifikat Johannes Paul II. (1978-2005) schrieb der Spanier Mediengeschichte. Doch der deutsche Papst Benedikt XVI. schickte den Opus-Dei-Mann in den Ruhestand und ernannte den Generaldirektor von Radio Vatikan, den Jesuiten Federico Lombardi, zum neuen "Direktor des Presseamts".
Großer Kontrast
Der Kontrast war beträchtlich: Navarro, ein studierter Psychiater, trug modische Anzüge und liebte den großen Auftritt. Er war ein begnadeter "Spin Doctor". Den Vatikan-Korrespondenten servierte er die Gesten und Botschaften des polnischen Papstes so, dass vor allem die amerikanischen Medien ihm beinahe bedingungslos vertrauten.
Und dann kam Federico Lombardi, der Jesuitenpater im einfachen schwarzen Kleriker-Anzug. Nichts und niemand konnte ihn aus der Ruhe bringen. Polyglott wie sein Vorgänger (Lombardi spricht neben Italienisch auch Spanisch, Englisch, Französisch und seit seinem Studium in Sankt Georgen auch Deutsch), erklärte er die komplexen theologischen Gedankengänge des deutschen Professors auf dem Papstthron.
Auch die Krisen des Pontifikats, etwa die Regensburger Rede des Papstes 2006, den Williamson-Skandal 2008 oder den Ökumene-Eklat in Erfurt 2011 erläuterte Lombardi faktenorientiert und abgeklärt: Er berichtete, was vorgefallen war, beantwortete geduldig alle Fragen, und er sagte auch offen, wenn er etwas nicht wusste.
Doch selbst Lombardi konnte nicht verhindern, dass das Ratzinger-Pontifikat in schweres Wasser kam. Den Missbrauchsskandal, die Affären um homosexuelle Würdenträger im Vatikan und schließlich den "Vatileaks-Skandal" – all dies konnte nicht einmal ein Lombardi kommunikativ "einfangen".
Referenzpunkt eines Medien-Hypes
Seine große Stunde schlug, nachdem Papst Benedikt XVI. am 11. Februar 2013 aus heiterem Himmel seinen Rücktritt ankündigte. Wenige Minuten, nachdem die Nachrichtenagentur Ansa die Blitzmeldung "Der Papst tritt zurück" herausgegeben hatte, rief Lombardi die Journalisten zu einem Briefing im Vatikan zusammen.
Nur wenig aufgeregter als sonst erläuterte er, was geschehen war und was nun anstand. In den folgenden 30 Tagen wurde Lombardi zum Referenz- und Ruhepunkt eines gigantischen Medien-Hypes. Nach dem ersten Papstrücktritt in der Neuzeit strömten mehr Journalisten nach Rom als je zuvor. Inmitten von Gerüchten und Live-Schaltungen war es Lombardi, der Struktur und Klarheit vermittelte.
Er erläuterte, welche Kardinäle am Vorkonklave teilnahmen, wer wahlberechtigt war, wie das Prozedere im Konklave ablaufen würde. Und erst als am 13. März Kardinal Jorge Mario Bergoglio mit dem Namen Franziskus die Menschen auf dem Petersplatz begrüßte, war Lombardi für die Medien nicht mehr der wichtigste Mann im Vatikan.
Papst Franziskus beließ Lombardi bis zur Vollendung seiner zweiten fünfjährigen Amtszeit im Job; mit 74 Jahren ging er am 31. Juli 2016 in den Ruhestand. Von nun an widmete er sich der vatikanischen Stiftung "Joseph Ratzinger – Benedikt XVI.", die das theologische Erbe des deutschen Papstes für die Nachwelt erschließt.
"Comeback" beim "Anti-Missbrauchs-Gipfel"
Dass er noch nicht zum Alten Eisen gehörte, stellte er unter Beweis, als er auf Bitten des Papstes im Februar 2019 den großen "Anti-Missbrauchs-Gipfel" im Vatikan für die Medien moderierte. Sein Nachfolger, der amerikanische Journalist Greg Burke, war kurz zuvor zurückgetreten. Und so übernahm der Ruheständler Lombardi noch einmal die Vatikan-Kommunikation und führte Journalisten aus fünf Kontinenten in Pressekonferenzen durch die heikle Materie des sexuellen Missbrauchs und seiner Bekämpfung.
Seither ist es um ihn stiller geworden. Wenn es um die rückblickende Beurteilung des Ratzinger-Pontifikats oder um die Bewertung von Missbrauchs-Gutachten geht, ist Lombardi weiter ein gefragter Autor. Zu diesen Themen schreibt er in der früher von ihm herausgegebenen Jesuitenzeitschrift "La Civilta Cattolica". Zuletzt analysierte er Anfang August die historische Vergebungsreise des Papstes zu den Ureinwohnern Kanadas.