Spanische Zeitung dokumentiert Missbrauchsfälle im Jesuitenorden
Die Zeitung "El Pais" hat eine neue Auswertung zu Missbrauch durch Angehörige des Jesuitenordens in Spanien vorgelegt. Unter dem Titel "Hölle der Päderastie in Schulen der Jesuiten" veröffentlichte das Blatt am Dienstag Zahlen und detaillierte Opferberichte. Bei den Recherchen wurde den Angaben zufolge belastendes Material gegen 130 Ordensangehörige zusammengetragen. Dazu zählen auch angestellte Laien. Die vorgeworfenen Delikte liegen teils Jahrzehnte zurück. Viele der mutmaßlichen Täter sind bereits tot. Die angegebene Zahl entspricht knapp 15 Prozent der insgesamt mindestens 840 von "El Pais" in Recherchen ermittelten Priestern, denen Missbrauchstaten zur Last gelegt werden.
Interne Nachforschungen der Jesuiten in Spanien hatten in den vergangenen Monaten deutlich geringere Zahlen ergeben. Demnach seien 68 mutmaßliche Missbrauchstäter aus dem Orden bekannt gewesen. 84 von Missbrauch betroffene Personen hatten die Jesuiten verzeichnet. Auf Anfrage von "El Pais" erklärten die Verantwortlichen die Differenz damit, dass etliche Fälle "noch untersucht werden". Weitere Veröffentlichungen seien geplant.
Breiten Raum in der neuen Dokumentation nimmt der Fall eines Jesuiten ein, der an einer Schule in Barcelona zwischen 1969 und 1973 mindestens 13 Minderjährige missbraucht haben soll. Mehrere Betroffene schilderten gegenüber der Zeitung, wie sich der Ordensmann an ihnen vergangenen habe. Der inzwischen verstorbene Mann zog den Angaben zufolge in den 80er Jahren nach Brüssel. Von dort aus soll er – neben anderen Aufgaben – jahrelang für die Arbeitsstelle der Jesuiten im Bistum Aachen tätig gewesen sein.
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Die Aufarbeitung des kirchlichen Missbrauchsskandals in Spanien steht noch am Anfang. Im Februar hatte die Spanische Bischofskonferenz eine Anwaltskanzlei mit der unabhängigen Untersuchung der Fälle beauftragt. Die Madrider Anwälte werden von der Kanzlei Westphal Spilker Wastl aus München unterstützt, die die Missbrauchsstudie des Erzbistums München und Freising erstellt hatten. Zuvor hatten die spanischen Bischöfe die Anfertigung eines Berichts zu den Missbrauchstaten noch abgelehnt, doch der öffentliche Druck auf die Kirche wuchs nach der Veröffentlichung von Recherchen von "El Pais". Die Zeitung hatte mehr als 1.500 Fälle dokumentiert.
Außerdem beschloss das spanische Parlament im März, eine staatliche Untersuchung des Missbrauchs durchführen zu lassen. Der Jesuitenorden hatte bereits 2021 die Ergebnisse einer internen Untersuchung zu Missbrauch veröffentlicht und für die jahrzehntelange sexuelle Gewalt an Minderjährigen um Verzeihung gebeten. (rom/KNA)