Priester: Zölibat gehört "in die Mottenkiste der Kirchengeschichte"
Der Ahauser Priester Stefan Jürgens fordert das Ende des Pflichtzölibats. "Die kirchenrechtliche Verbindung zwischen Ehelosigkeit und Weiheamt gehört in die Mottenkiste der Kirchengeschichte", schrieb er am Dienstag in einem Kommentar auf dem Portal "kirche-und-leben.de". Sie habe "unsägliches Leid verursacht und ist eine strukturelle Sünde der Kirche".
Es gebe nur wenige Priester, deren Ehelosigkeit "spirituell fruchtbar" sei, die meisten "beginnen ihren Dienst mit hohen Idealen, die sie wenig später einsam in Frage stellen", so Jürgens weiter. Der Zölibat mache das Priesteramt unattraktiv, lasse Priester krank werden oder ihr Amt aufgeben, mit schwerwiegenden Folgen für die Seelsorge. Zudem sei dadurch eine männerbündische, frauenfeindliche und selbstverliebte Hierarchie entstanden, die unter sich bleiben wolle. "Der sexuelle Missbrauch schließlich gehört zu den Kollateralschäden des Pflichtzölibats, weil unreife Männer im klerikalen und homophilen Milieu des Priesterseminars unterkommen, statt sich ihren eigenen Untiefen zu stellen."
Untätigkeit von Bischöfen und Papst
Jürgens wirft den Bischöfen und dem Papst in dieser Frage Untätigkeit vor. Gegen den Relevanzverlust des Glaubens könne man nur wenig tun. "Alle anderen Kirchenprobleme sind hausgemacht. Die meisten hängen mit dem Pflichtzölibat zusammen."
Inwieweit Zölibat und Missbrauch zusammenhängen, ist umstritten. Der Leiter der französischen Studie über Missbrauch in Kirchenkreisen, Jean-Marc Sauve, sah im November keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen der priesterlichen Pflicht zur Ehelosigkeit und sexuellem Missbrauch. Dagegen sahen die Autoren einer australischen Missbrauchsstudie 2017 im Zölibat einen der systemischen Gründe für Missbrauch. (cph)