Lettland zwingt orthodoxe Kirche zur Loslösung von Moskau
Lettlands Parlament hat im Eilverfahren die völlige Loslösung der orthodoxen Kirche des Landes vom Moskauer Patriarchat beschlossen. 73 Abgeordnete stimmten laut örtlichen Medienberichten (Donnerstagabend) für eine entsprechende Gesetzesinitiative des Staatspräsidenten Egils Levits, drei sprachen sich dagegen aus und ein Abgeordneter enthielt sich. Levits dankte dem Parlament für die "Unterstützung der Autokephalie (Eigenständigkeit) der lettisch-orthodoxen Kirche". Jede Einflussnahme des Patriarchen von Moskau auf die Glaubensgemeinschaft sei nun rechtlich ausgeschlossen, schrieb er auf Twitter.
Erst am Montag hatte das Staatsoberhaupt der Volksvertretung Saeima seinen Vorschlag für die Änderung des Gesetzes über die orthodoxe Kirche vorgelegt, den er mit der Regierung in Riga abgestimmt hatte. Bisher unterstand die lettische Kirche dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I. Das Leitungsgremium des Patriarchats von Moskau entschied etwa mit darüber, wer Bischof in Lettland wurde. Ansonsten war sie aber bereits weitgehend autonom von Russland. Laut dem Gesetz muss die orthodoxe Kirche des Baltenstaats bis zum 31. Oktober ihr Statut so ändern, dass Moskau keine Rolle mehr bei der Ernennung ihrer Bischöfe spielt.
Hintergrund des Parlamentsvotums ist die international kritisierte Unterstützung des orthodoxen Moskauer Patriarchen Kyrill I. für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Levits nannte die vollständige Unabhängigkeit der lettischen Kirche vor den Abgeordneten "eine Frage der nationalen Sicherheit". Er schätze die "Bereitschaft unserer orthodoxen Kirche, den Weg der Autokephalie zu gehen". Der Präsident versicherte, dass der lettische Staat die Kirche unterstützen und schützen werde.
Papst schickt Krajewski erneut in die Ukraine
Die russisch-orthodoxe Kirche protestierte scharf gegen die Gesetzesänderung. Damit kehre Lettland zu den Verhaltensweisen der "Diktatur" der 1920er-Jahre zurück, als auf die orthodoxe Kirche im Land "starker politischer und polizeilicher Druck" ausgeübt worden sei, damit sie sich von Moskau trenne und dem Patriarchat von Konstantinopel anschließe, kritisierte sie am Montag. In Lettland bekennen sich rund 20 Prozent der Bevölkerung zum orthodoxen Christentum. Bereits 2019 verabschiedete das Parlament in Riga ein Gesetz, wonach in dem Land nur noch lettische Staatsbürger, die seit mindestens zehn Jahren in der Baltenrepublik leben, orthodoxe Bischöfe werden dürfen.
Unterdessen ist Kurienkardinal Konrad Krajewski zum vierten Mal seit Kriegsbeginn im päpstlichen Auftrag in die Ukraine gereist. Der Präfekt der neuen Vatikanbehörde für Nothilfe halte sich dieses Mal in Odessa, Schytomyr und Charkiw auf, teilte der Vatikan am Freitag mit. Er besuche dort verschiedene Glaubensgemeinschaften und deren Bischofe, die seit mehr als 200 Tagen trotz der Kriegsgefahren in ihrer Heimat ausharrten. Der Kardinal wolle dem leidenden Volk die päpstliche Nähe zeigen in dieser Situation, die nur "Zerstörung und Tod" bringe.
Franziskus hatte seinen Almosenmeister Krajewski bereits kurz nach Kriegsbeginn erstmals als Sondergesandten in die Ukraine geschickt. Der 58-jährige Pole brachte unter anderem Hilfsgüter in die Region. Auch die Kar- und Osterfeierlichkeiten verbrachte Krajweski in der Ukraine. Unter anderem betete er gemeinsam mit ukrainischen Gläubigen den Kreuzweg im zerstörten Ort Borodjanka rund 30 Kilometer nordwestlich von Kiew. (tmg/KNA)